August 2003

Wasser-/Abwassernachrichten

(News-Archiv)

Annan mahnt zu verantwortungsvollem Umgang mit Wasser 

Die Rheinpfalz, 30.8.2003

UN-Konferenz in Tadschikistan berät über Wasserknappheit 

UN-Generalsekretär Kofi Annan hat angesichts weltweit zunehmender Wasserknappheit einen verantwortungsvollen Umgang mit dem wertvollen Rohstoff angemahnt. "In der ganzen Welt sinken die Menge und die Qualität des Wassers als Folge von Umweltschmutzung, Verschwendung und Missmanagement", hieß es in einer auf der UN-Wasser-Konferenz in Duschanbe verlesenen Erklärung Annans.

Vertreter aus 50 Entwicklungs- und Schwellenländern berieten bei der Konferenz in der tadschikischen Hauptstadt über die Folgen der zunehmenden Wasserknappheit. Der Präsident der ehemaligen Sowjetrepublik Tadschikistan, Emomali Rachmonow, sagte, insgesamt eine Milliarde Menschen leide mittlerweile unter der Wasserknappheit.

Süßwasser ist weltweit ein knappes Gut. 97 Prozent des Erdwassers in Meeren, Flüssen und Seen ist Salzwasser. Von den drei Prozent Süßwasser steht nur ein Prozent als Trinkwasser zur Verfügung. Ein besonders düsteres Bild entwarf der UN-Experte Marvat Tallawy für die Länder im Nahen Osten wie Ägypten, Saudi-Arabien, Irak und die Palästinensergebiete. Dort würden sich die ohnehin schon knappen Wasservorräte bis 2025 weiter halbieren.

Auch das mittelasiatische Gastgeberland ist vom Problem des Wassermangels zunehmend betroffen: So ist durch menschlichen Raubbau an der Natur der einst riesige Aralsee mittlerweile stark geschrumpft und versalzen. Die Delegierten tagen bis Montag.

Noch nie so wenig Wasser im Bodensee 

29.8.2003, Bluewin

Seit Messbeginn vor 120 Jahren hatte der Bodensee im Sommer noch nie so wenig Wasser wie derzeit. Der Pegel erreichte am Freitag mit 395 Metern über Meer den historischen Tiefststand. [sda] - Nach der wochenlangen Trockenperiode liegt der Wasserstand des Bodensees gut einen Meter tiefer als normalerweise im Sommer. Drei Meter höher lag der Wasserspiegel während des Jahrhunderthochwassers im Sommer 1999.

Dass der Pegelstand noch tiefer sinke, sei angesichts der Wetterprognosen unwahrscheinlich, sagte Romeo Faveo vom Thurgauer Amt für Umweltschutz gegenüber Radio Top. Damit allerdings der Pegel wieder ansteige, brauche es lang anhaltende und grossflächige Niederschläge im Einzugsgebiet des Bodensees.

Der tiefe Wasserstand hat Auswirkungen auf die öffentliche Schifffahrt. Diverse Schifffahrtsgesellschaften mussten ihren Verkehr teilweise einstellen, weil sie Häfen nicht mehr anlaufen können. Auf dem Obersee sind die Häfen von Bottighofen, Bad Schachen und Langenargen betroffen.

Bereits seit Mitte Juli ist der Kurs Rorschach-Altenrhein eingestellt. Seit Anfang August ist wegen Wassermangels auch die Rhein-Strecke zwischen Stein am Rhein und Diessenhofen unterbrochen.

Ab kommendem Montag wird auch auf dem Untersee ein Sonderfahrplan eingeführt. "Das gabs noch nie in dieser Jahreszeit", sagte ein Sprecher der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.

Das zurückweichende Wasser hat am deutschen Ufer ausserdem zahlreiche Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg zu Tage gefördert. In der Nähe von Friedrichshafen musste die deutsche Wasserschutzpolizei vor einigen Tagen eine 500-Kilo-Sprengbombe entschärfen.

 

Mehr Atom-Abwasser in die Mosel

Im französischen AKW Cattenom sollen Grenzwerte erhöht werden - und das heimlich

TAZ, den 29.08.2003 

Es kracht heftig in der europäischen Musterregion Saar-Lor-Lux (Saarland-Lorraine-Luxemburg). Der Betreiber des französischen Mega-Atomkraftwerks Cattenom, die Gesellschaft Electricité de France, will den Grenzwert für radioaktive Abfallstoffe erhöhen, damit sie 25 Prozent mehr als bisher in die Mosel einleiten kann.

Die Unterlagen dazu liegen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens offen - allerdings nur auf Französisch und nur in Cattenom sowie einigen Nachbarorten. Für die Grünen im Europaparlament ist das ein Verstoß gegen die EU-Informationsrichtlinien. Die Luxemburger Regierung hat die Genehmigungsunterlagen inzwischen selbst zur Einsicht für die Bürger auslegen lassen. Auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) müsse das Thema Cattenom "zur Chefsache" machen, forderte SPD-Wirtschaftsexperte Hans Georg Stritter. Das AKW berge nicht nur Sicherheits- und gesundheitliche Risiken, es bedrohe auch den geplanten Ausbau von Wirtschaft und Tourismus im Saarland. Die Grünen in Rheinland-Pfalz forderten ihre Landesregierung auf, bis zum Ende der Offenlegungsfrist am 30. September schriftlich Einspruch gegen die zusätzliche Belastung der Mosel zu erheben sowie die Unterlagen zu übersetzen und auszulegen. " KPK

 

New York kämpft mit 1,9 Millionen Hektolitern Abwasser

Rheinische Post, den 29.08.2003 

Der Blackout vom 14. August bringt den New Yorkern jetzt Gesundheitsprobleme. Die acht Millionen Einwohner von New York sehen sich derzeit einer besonders großen Gesundheitsgefahr ausgesetzt. 1,9 Millionen Hektoliter ungereinigten Wassers waren während des Stromausfalls am 14. August in Flüsse und Kanäle gelaufen.

Etwa ein Drittel des verseuchten Wassers stammt aus einem Klärwerk im Südosten von Manhattan, das der Stadt als Gefahr bei einem Blackout bekannt war, schrieb die "New York Times" am Donnerstag.

"Das ist unglaublich", empörte sich die Direktorin der Kampagne "Bürger für die Umwelt", Sarah Meyland, und verwies darauf, dass sich das Auslaufen der Kloake durch mehr Vorsorge mühelos hätte vermeiden lassen. Das Stromchaos in Nordamerika

Bis auf das betroffene Klärwerk hatten alle anderen Anlagen in New York nach dem letzten Blackout 1977 Generatoren aufgestellt und konnten das Auslaufen des Schmutzwassers dadurch bremsen. In zwei dieser Stationen funktionierten die Generatoren allerdings nur unzureichend oder gar nicht.

In der Nachbarschaft des Klärwerks in der Lower East Side von Manhattan ist neben einem Elektrizitätswerk vor allem ein großer Wohnkomplex für ärmere Bürger gelegen. Um diese Bewohner nicht weiter zu belasten, hatte die Stadt die Inbetriebnahme von dieselbetriebenen Generatoren bisher aufgeschoben.

Die Menschen dort leiden nach Angaben der Zeitung wegen der Umweltbelastung durch das E-Werk bereits unter einer unverhältnismäßig hohen Rate von Asthmaerkrankungen.

 

Der Göttin beflecktes Antlitz

Wie Niranjan zwischen Leichen, Asche und Abwässern in Indiens heiligem Fluss schmutzige Wäsche wäscht.

Süddeutsche Zeitung, den 28.08.2003 

Im fauligen Licht des Morgens, wenn sie sich das erste Mal an Niranjans Beine schmiegt, wenn sie ihn umgarnt und die Haut an seinen Waden langsam mit roten Pusteln überzieht, betet er sie an. Doch im Lauf des Tages werden die Pusteln zur Tortur. Dann drischt Niranjan auf sie ein, Ganga Mata, heilige Mutter Ganges, die ihn füttert und mit Juckreizen quält, die er liebt und fürchtet. Um ihn herum läuft der tägliche spirituelle Zirkus, das Baden, das Beten, das Leichenverbrennen. Und dann der Gestank. Für eine Göttin verbreitet Mutter Ganges einen ziemlich unangenehmen Geruch.

Niranjan bekämpft mit seiner Hände Arbeit den Schmutz Indiens. Er schlägt ihn heraus aus bestickten Überdecken, verschwitzten Hemden, aus Socken, Unterhosen, Seidensaris. Er ist Wäscher am Ufer des Ganges. Lali Ghat, gesegnete Stufen. Was für ein Arbeitsplatz. An heiligerem Ort kann man sein Geld nicht verdienen. Jeder Hindu will hier sterben, in Varanasi, Benares, Kashi – bei welchem ihrer unzähligen Namen man diese Stadt auch benennen mag. Für Hindus ist die Verbrennung an diesem Ort eine Art „expressway to heaven“, mit ein wenig Gangeswasser bespritzt, ist es der schnellste Weg Richtung Erlösung.

Für Niranjan sind die Stufen hinunter zum Fluss ein gigantischer Trockner. Und Ganges ist die Waschmaschine. Doch das Verhältnis zu seinem Arbeitsutensil ist gespalten. Wie sollte es anders sein: Den ganzen Tag steht er in ihr, bis zu den Hüften, Ganga Mata, Mutter Ganges, heilig, faulig – eine Kloake. Selbst ein Fall für die Reinigung. Heiliges Wasser

Doch sagen darf man das nicht. Sonst starrt Niranjan einen an. Mit diesem Blick, mit dem er problematische Flecken begutachtet, bis er sie beseitigt, nach uralter Methode, mit ein wenig Ziegen- und Eseldung. So schaut er jetzt, dann taucht er seine Hand in den Fluss, den brackigen. „Ganga ist nicht dreckig, nimm sie in die Hand, sie ist nicht dreckig“, sagt er und trinkt Ganga Jal aus hohler Hand – heiliges Wasser, mystisches Getränk. „Wie sollten wir davon krank werden, da sind Dinge drin, die uns heilen. Wenn wir keine Probleme damit haben, dieses Wasser zu trinken, warum sollten wir dann Probleme damit haben, mit diesem Wasser zu waschen?“

Dann schiebt der Ganges still etwas an Niranjans Körper heran. Ein Schafskadaver, alle Viere von sich gestreckt. Manchmal bringt der Fluss ihm auch Menschen. Niranjan lacht über das Geschenk, den Gestank, schlägt weiter Kleider auf den Stein. Singt. Es kommt so vieles vorbei an einem Waschtag, da kann man sich nicht irritieren lassen. Oben stehen noch ein paar Esel, beladen mit Säcken voller Wäsche, wen interessieren da die aufgedunsenen Überreste. „Die Toten stören uns nicht“, sagt Niranjan. Damit meint er die Menschen, die vorbeiziehen Richtung Nirwana, halb verkohlt und aufgedunsen, weil der Familie das Geld für genügend Holz fehlte. Oder weil es ein Kind war, ein Sadhu, eine Schwangere, ein von einer Kobra Gebissener, die sie mit einem Stein in der Mitte des Flusses versenken. Und er meint die Toten, die zwanzig Meter weiter verbrannt werden und als schwarzer Aschefilm um seine Beine wabern. Und er meint die Fische, die vorbeikamen, im Juli 2000, Tausende von ihnen, den Bauch nach oben. „Es war kein Problem, auch sie sind vorbeigezogen“, sagt Niranjan. Der Fluss als Arbeitgeber

Ganga Mata – beladene Göttin, bricht in über 4000 Metern Höhe aus einer Eishöhle im Himalaya hervor, inmitten von Gletschern, die schneller schmelzen als alle anderen der Erde. Wenn sie verschwunden sein werden, wird ihrem Untergang zuerst Überflutung, dann Dürre folgen. Die Toten sind Ganga Matas kleinstes Problem. Es sind die Lebenden, die ihr Sorgen machen, die sich an sie klammern, sie umzingeln. 114 Städte liegen an ihr, saugen aus ihr, entsorgen in sie. Die meisten von ihnen haben mehr als 100.000 Einwohner, fünf sind Millionenstädte, Kalkutta allein hat mehr als 10 Millionen Einwohner. Insgesamt leben 400 Millionen Menschen im Einzugsgebiet des Ganges. Das sind 1300 Millionen Liter Abwasser am Tag. Und da regen sie sich über das bisschen Lauge auf, das Niranjan dazukippt, um dieses Land fleckenfrei zu machen.

Niranjan steht da, schlägt einen Sari auf den Stein, singt, schlägt. Sein rundes Gesicht ist in Schweiß gebadet. Es gibt Menschen, die beschimpfen die Wäscher als Kriminelle, weil sie die Mutter verschmutzen. „Was sollen wir tun? Hast du eine andere Arbeit für uns, oder einen anderen Ort?“ 25 Jahre ist Niranjan alt. Er wäscht, seit er denken kann. Der Fluss ist sein Arbeitgeber. Was bleibt ihm übrig als Angehöriger der Dhobi-Kaste. Sie waren schon immer zuständig für die schmutzige Wäsche Indiens.

Der nächste Ausfluss ist nicht weit von seinem Arbeitsplatz. Er kann ihn nicht sehen, nur riechen. An 30 Stellen wird in Varanasi das Abwasser in den Fluss geleitet, eine braune Soße aus Exkrementen und Müll. Gleich daneben waschen sie sich ihre Sünden vom Körper: „Ganga Maiya Ki Jai– Ruhm und Verehrung der erhabenen Mutter Ganges.“ Die Zahl der Kolibakterien ist hier bis zu 15.000 Mal höher als erlaubt. Und dann all die Gerbereien, Chemiefabriken, Teppichwebereien flussaufwärts, die ihre Gifte ablassen. Der Anwalt M.C. Mehta klagte 1985 vor dem Obersten Gerichtshof in Delhi sein Recht auf Leben ein, nachdem er gehört hatte, dass der Ganges bei der Stadt Haridwar gebrannt hatte. Ein Fluss, der brennt: Im toxischen Abwasser zweier Fabriken reichte ein Funke, um ihn zu entzünden. Aus den Pumpen mancher Ortschaften hinter Varanasi kommt schwarzes Wasser – es sind Orte exotischer Hautausschläge. Selbstmord einer Kultur

Aber was kann er dafür. Niranjan, der nur seinen Vornamen nennt, weil er weiß, dass es illegal ist, Mutter Ganges zu verschmutzen mit Lauge, Nirma Seife und Bleichmittel. Steuerfrei. Man hat sich arrangiert. Die Polizei kündigt ihre Razzien an, für ein paar kostenlose Reinigungen. Die Wäscher schütten Eimer voll bläulicher Mittel in den Ganges und geben sich Mühe mit den Polizeiuniformen. Es ist ein gerechter Handel. Einmal wollte die Regierung sich einmischen, da haben die Dhobis ihre Esel auf die Straßen gestellt – die Demonstration der Wäscher und ihrer Lasttiere führte zu einem Verkehrschaos. Man vergaß die Sache, um wieder voranzukommen. „Ganga ist auf Erden, um uns zu reinigen. Nicht wir, um Ganga zu reinigen. Sie macht das schon selber“, sagt Niranjan.

Das sehen nicht alle so. Veer Bhadra Mishra hat da eine andere Meinung: „Ganga ist nicht sauber. Was hier passiert, ist selbstmörderisch für unsere Kultur. Doch noch ist Zeit. Dieser Fluss hat eine unglaubliche Kraft.“ Mishra ist hoher Priester des Sankat Mochan Tempels, Wasserwirtschaftler, selbst ernannter Retter des Ganges und einer der größten Feinde des von der Regierung 1986 begonnenen Ganga Action Plans (GAP), den Mishra ein Disneyland fehlgeschlagener Technologien nennt. „Sie haben die Medizin verordnet, bevor sie die Krankheit kannten. Als die Hälfte des Geldes ausgegeben war, sagte die Regierung, dass das halbe Problem beseitigt sei. Aber schauen sie sich die Sauerei an.“

Er sitzt da, in weißes Leinen gewickelt und von weißen Kissen umgeben. Eine imposante Ansammlung von Wut: „Die Regierung will, dass wir draufgehen.“ Dann fällt der Strom aus. Wie jeden Tag. Und wie jeden Tag werden die Klärwerke, Kanäle und Pumpanlagen des Ganga Action Plans stillstehen. In den fünf Monaten der Regenzeit werden sie sogar offiziell stillgelegt. Mishra hat ein Labor eingerichtet, das ihm täglich den Beweis für die Nutzlosigkeit des Ganga Acion Plans liefert. Mit seiner „Sankat Mochan Foundation“ hat er ein Gegenprogramm zur Rettung des Ganges entworfen. Es ist eine Lösung ohne Strom. Passiert ist nichts. Man bekämpft sich gegenseitig. Nur Ganga fließt weiter. Benaresseide auf Totenasche

„Es gibt Menschen, die sind wie Fische im Wasser, sie können ohne Ganga nicht leben. Sie können nicht einmal in sie spucken. Wenn der Fluss weiter vergiftet wird, werden sie sterben. Diese Menschen sind eine bedrohte Tierart.“ Und soweit man Veer Bhadra Mishra richtig verstanden hat, ist er selber Teil dieser bedrohten Spezies. Jeden Tag geht er zum Fluss, zum Bad. „Wenn ich nur Wissenschaftler wäre, würde ich das nicht tun. Aber für mich ist Ganga eine Göttin. Ich versuche zu vergessen, wenn ich in ihr bade. Aber wenn etwas Eigenartiges vorbeischwimmt, ist das schon komisch.“

Niranjan drischt auf seinen Stein ein. Wie sein Vater und sein Urgroßvater schon. Er kennt ihn nicht, den feinen Herrn ein paar Ghats weiter. Er kennt ihn nicht, den Ganges Action Plan, warum auch. Für den Fluss, sagt er, seien die Götter zuständig. Er liegt nicht im Aufgabenbereich der Menschen. Es ist Mittag, es ist heiß, gleich nebenan zündet ein Mann die Leiche seiner Mutter an. Niranjans Beine sind ein einziger Juckreiz. Und dann die Sonne, die von oben quält. Im Winter ist es die Kälte. „Es ist eine furchtbare Arbeit“, sagt Niranjan. Dann holt er Gewänder aus der Lauge, schlägt sie auf seinen Stein, mittlerweile stöhnt er bei jedem Schlag. Wenn sie es wüssten, die Frauen der indischen Mittelklasse, die ihre Kleider zur chemischen Reinigung geben, für ein paar Rupien mehr, aber dafür bekommen sie ihre Unterwäsche ohne die Asche der Toten zurück – glauben sie. „Chemisch gereinigt? Liegt da hinten“, sagt Niranjan. Lächelt. Die teuersten Saris, Benaresseide, ausgebreitet auf Stufen, über die der Wind ein wenig Asche und kleine Knochen weht.

Im diesigen Licht des Abends, wenn sich Ganga Mata das letzte Mal an Niranjans Beine schmiegt, wenn sie ihn umgarnt und die Haut an seinen Waden eine glühende Hölle ist, verflucht er sie. Mutter Ganges, von der es in jahrtausendealten Texten heißt, dass sie, wenn es der Untaten zu viele werden, versiegen wird, um ihre Reinheit zu bewahren.  Von Karin Steinberger.

 

Meer kühlt sich nach Asteroideneinschlag kaum ab

Schweizer Forscher: "Nuklearer Winter" durch Staub hält nur ein knappes Jahr an

Wissenschaft, den 28.08.2003 

Wenn ein drei Kilometer großer Asteroid die Erde trifft, wird genug Staub aufgewirbelt, um das Sonnenlicht für ein halbes bis dreiviertel Jahr komplett abzublocken. Noch größere Himmelskörper wirken sich - zumindest in Hinsicht auf das Klima - nicht unbedingt schlimmer aus, berichten schweizer Wissenschaftler in der Zeitschrift Journal of Geophysical Research
(Bd. 108, Nr. E7, S. 5074).

Die Forscher um Thomas Luder von der Universität Bern untersuchten mit Hilfe eines Computermodells erstmals, wie sich der Einschlag verschieden großer Meteoriten auf die Meere auswirkt. Sie stellten fest, dass der weltweite "nukleare Winter", der auf einen größeren Einschlag folgt, die Temperaturen auf dem Land beträchtlich senken kann: Den Berechnungen zufolge kann es in den sechs bis neun Monaten, in denen der aufgewirbelte Staub das Sonnenlicht blockiert, um bis zu 40 Grad kälter werden.

Im Meer sinken die Oberflächentemperaturen am Äquator aber nur um wenige Grad. In größeren Tiefen wirkt sich der Einschlag sogar kaum auf die Temperatur aus. Wie Luder und seine Kollegen schreiben, sind die Weltmeere ein so großer Wärmespeicher, dass sich eine Verdunkelung von wenigen Monaten kaum auswirkt.

Auch die Zirkulation der Meeresströmungen würde nicht merklich geschwächt, schreiben die Forscher. Erst wenn der Staub fünf Jahre lang in der Atmosphäre bliebe, könnte die so genannte thermohaline Zirkulation abreißen, würde sich aber wieder erholen. Überraschend würde sich ein Meteoriteneinschlag auf die Polregionen auswirken: Dort könnte es sogar wärmer werden, da die Staubhülle in der Atmosphäre auch isoliert. Von Ute Kehse.

 

Hitzesommer für ARA kein Problem

Trotz Hitzeperiode hat die ARA Wattwil keine Probleme mit der Reinigung des Abwassers - Das Mischwasserverhältnis in der Thur ist aber schlecht

Der Toggenburger, den 27.08.2003 

In diesem Sommer ist das Verhältnis Abwasser/Frischwasser in der Thur schlecht. Für die ARA selber bringt die Trockenheit aber keine Probleme, wie Klärmeister Rolf Salzmann versichert.

Die Thur ist zu einem Rinnsal geworden. Normalerweise bewältigt die ARA Wattwil eine Mischung aus Meteo- und Sickerwasser sowie Hausabwasser. In der extremen Trockenperiode dieses Sommers ist es fast nur noch Hausabwasser, das durch die Leitungen zur ARA im Flooz fliesst. Die Menge beträgt rund 2500 Kubikmeter pro Tag, was im Durchschnitt liegt. Herr und Frau Toggenburger verbrauchen nicht mehr und nicht weniger Wasser als in anderen Monaten. Kein Problem

«Für unsere Anlage ist die Trockenheit kein Problem», betont Rolf Salzmann. Sämtliche Grenzwerte werden eingehalten, ja sogar deutlich unterschritten (siehe Tabelle). Dies obwohl die Konzentration von Schad- und Schmutzstoffen sicher grösser ist, als wenn noch viel Meteowasser die ARA erreichen würde. Die im üblichem Verfahren gereinigten Abwasser verlassen die ARA in Richtung Thur. Erfolgt die Einleitung bei guter Verdünnung, das heisst bei hohem Anteil an sauberem Flusswasser, gibt es keine Probleme. Im Moment ist dies aber nicht der Fall (siehe Kasten rechts). Noch vorsichtiger

Rolf Salzmann und sein Team tun alles, um die Belastung so gering wie möglich zu halten. Revisionsarbeiten beispielsweise, die eine kurze Mehrbelastung des Wassers zur Folge hätten, werden auf später verschoben. Als Thurfischer ist Salzmann speziell sensibilisiert für das Thema. Auch er hofft auf den «grossen» Regen, der dem Fluss eine erste Entlastung bringen wird.

Kaum langfristige Schäden

Ganz massiv wirkt sich die derzeitige Trockenheit auf die Qualität der Fliesswässer aus. Die Toggenburger Flüsse Thur und Necker sind davon nicht ausgenommen. In der gesamten Ostschweiz führen die Flüsse zurzeit nur gerade einen Zehntel bis einen Drittel der üblichen Wassermenge. Weil die aus den Abwasserreinigungsanlagen (ARA) eingeleiteten Wassermengen aber etwa gleich hoch bleiben, wird das Abwasser weniger verdünnt. Ideal wäre laut Christoph Baumann vom kantonalen Amt für Umweltschutz ein Verhältnis von einem Teil Abwasser zu neun Teilen Frischwasser. Unterhalb des Toggenburgs, in Niederbüren, liegt das Verhältnis beim Thurwasser zurzeit etwa bei 4:6, in gewöhnlichen Trockenzeiten liegt es etwa bei 3:7. Oberhalb dieser Messstelle befinden sich 15 Kläranlagen. Wie gut oder schlecht letztlich die gesamte Wasserqualität sei, hänge auch vom technischen Ausbau dieser Anlagen ab, sagt Baumann. «Diese 15 Anlagen im Kanton St. Gallen sind auf dem modernsten Stand der Technik oder werden zurzeit entsprechend ausgebaut.» ARAs sind in gutem Zustand

Technisch wird also gemacht, was möglich ist. Trotzdem führt der hohe Anteil von ARA-Einlaufwasser zu einer erhöhten Schadstoffkonzentration, nicht zuletzt auch, weil sich die Bakterien bei erhöhter Wassertemperatur schneller vermehren. Schlecht oder nicht abbaubare Stoffe belasten die Wasserqualität in vermehrtem Masse. Vom Baden in beiden Toggenburger Flüssen Thur und Necker wird bis auf weiteres dringend abgeraten. Mehrere Regentage nötig

Die gewittrigen Niederschläge der letzten Woche liessen die Abflüsse nur vorübergehend ansteigen. Um die Pegel der Flüsse wieder zu normalisieren, braucht es laut Bundesamt für Wasser und Geologie (BWG) mehrere Tage Regenwetter oder drei bis vier intensive Regenereignisse innerhalb von zehn Tagen. Gestützt auf Erfahrungen des Dürresommers 1947 rechnet das BWG kaum mit bleibenden Schäden an der Umwelt. Ein Problem könnte es einzig bei gefährdeten Fischarten zum Beispiel der Äsche geben. In den kommenden Monaten will das BWG eine ausführliche Bilanz über die Auswirkungen des Hitzesommers 2003 auf den Wasserhaushalt in der Schweiz liefern.

Schadstoffe im geklärten Wasser

Die maximale Restbelastung des Wassers im ARA-Abfluss ist vom Gesetz her definiert. Die regelmässigen Messungen in der ARA Wattwil zeigen Ergebnisse, die unter den erlaubten Maximalwerten liegen. Von Sabine Rüthemann (rmr)

 

Am Forschungszentrum TERRAMARE sind die Fische an Land...

Entwicklung umweltschonender Aquakulturverfahren am FTM zur Entlastung des Meeres

Pressemitteilung Forschungszentrum Terramare, Zentrum für Flachmeer-, Küsten- und Meeresumweltforschung e.V., 26.08.2003

Der Biologe Dr. Jens Kahle holt die Seezunge an Land. In großen Tanks will er am Wilhelmshavener Forschungszentrum TERRAMARE den schmackhaften Plattfisch zur Marktreife heranmästen. Das zumindest ist das Ziel der Arbeiten, die Kahle mit seinem Projekt "Entwicklung umweltverträglicher Aquakulturverfahren zur nachhaltigen Kultur mariner Organismen in geschlossenen Systemen" verfolgt. Am Ende des Projektes steht, so hofft Kahle, eine fischgerechte und sehr umweltschonende Anlage, die den Menschen hilft, ihren Appetit auf Fisch - und damit hochwertiges Eiweiß - zu stillen. Wichtiger 'Nebeneffekt': Der Wissenschaftler wird zum Unternehmer und damit zum potentiellen Arbeitgeber.

Fisch ist gesund. Dafür sprechen nicht nur Befunde, die an traditionell häufig Fisch konsumierenden Bevölkerungsgruppen der Welt erhoben wurden. Doch die Flossentiere werden knapp: Die Neufundlandbänke vor Kanada etwa, jahrhundertelang buchstäblich eine feste Bank für den Kabeljaufang, sind leergefischt. Auch in der Nordsee geht es den Beständen vieler Fischarten, wie Hering, Makrele, Kabeljau und Scholle, nicht gut. Entschärft werden könnte die sich zuspitzende Situation durch leistungsfähige Aquakulturverfahren. Doch Fisch-, Shrimp- oder Muschelfarming, wie es bislang betrieben wird, kann zu einer Belastung der Meere führen, zum Beispiel durch hohe Kotmengen, Einsatz von Medikamenten bei auf engstem Raum gehaltenen Meerestieren, oder durch die Gammelfischerei, die Fischmehl als den wichtigsten Rohstoff für die Fischfutterindustrie liefert, und vieles mehr.

Jens Kahle will einen anderen, einen neuen Weg gehen. "Integrierte Aquakultur" heißt die Zauberformel, mittels derer Meeresorganismen an Land umweltgerecht und weitestgehend unabhängig vom Meer produziert werden sollen. Viel Entwicklungsarbeit ist in diesem Zusammenhang noch zu leisten: Wie etwa organisiert man die Zuchtbassins am besten? Lassen sie sich stapeln? Wieviele Fische können auf wieviel Oberfläche bei welchem Wasservolumen auf gesunde Weise heranwachsen? Ist Ganzjahresbetrieb, z.B. unter Einbeziehung von 'Gewächshäusern', möglich oder ist eine saisonale Strukturierung vorteilhafter? Kahle wird für die Beantwortung derartiger Fragen auch mit Dr. Uwe Waller vom Institut für Meereskunde an der Universität Kiel kooperieren. Waller arbeitet u.a. am Aufbau einer Wolfsbarschzucht. Die Kieler Forscher unterstützen Kahle auch mit Schiffseinsätzen zum Fang erwachsener Tiere, für die Nachzucht an Land.

Die Seezunge ist ein beliebter Speisefisch, für den sich hohe Preise erzielen lassen. So schlägt ein Kilo Seezunge, wenn es sich um größere Tiere ab etwa 500 g Gewicht und 30 bis 35 cm Länge handelt, mit ca. 30 Euro zu Buche. Wegen der lukrativen Preise betreiben in der Nordsee vor allem moderne holländische Baumkurrenkutter Seezungenfang, so dass sich die Situation für die Seezunge zukünftig weiter verschlechtern dürfte. Der Internationale Rat für Meeresforschung ICES beurteilte die Situation im Jahr 2000 so: Zwar hatte "der Bestand ... 1998 seinen ... niedrigsten Stand erreicht und sich seitdem wieder deutlich erholt." Doch wird der Seezungenbestand, so der ICES weiter, außerhalb sicherer biologischer Grenzen bewirtschaftetet. Das heißt, es bleiben nicht genügend erwachsene Tiere, um den Bestand zu halten oder zu vergrößern. Hier nun setzt das Projekt Kahles an: In den Tanks an Land soll ein Kreislaufsystem entstehen, dem - wenn überhaupt - nur minimale Mengen natürlichen Meerwassers zugeführt werden, das sich mit Hilfe von Tangen und Muscheln selber reinigt und sowohl Fische von der Larve bis zum marktreifen Tier als auch die notwendigen Futtertiere produziert. Hauptprodukt sollen zunächst die Seezungen sein, aber auch Muscheln, Algen und Würmer könnten vermarktet werden.

Vermarktbare Produkte sind ein wichtiges Ziel Kahles, denn sein Projekt, so will er es und so will es die EU als Förderer, soll in die berufliche Selbständigkeit führen. Dies ist die Bedingung, die die Europäische Union in ihrer Zielgebiet-2-Foerderung an die Vergabe von EFRE (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung) - bzw. ESF (Europäischer Sozialonds)-Mitteln knüpft. Antragsberechtigt für diese Art der Förderung sind ausschließlich Hochschulen in den entsprechenden Gebieten.

Kahles Projekt läuft über einen Zeitraum von drei Jahren und hat ein Finanzvolumen von rund 540 000 Euro. Die Hälfte davon ist inzwischen aus Mitteln der EU-Strukturfoerderung bewilligt. Die andere Hälfte stellen TERRAMARE, das Kieler Institut für Meereskunde sowie die Universität Oldenburg in Form von Infrastruktur und Personal bereit.

 

Russische Forscher entwerfen neuartiges Meereskraftwerk

"Ufo" soll Wind- und Wellenenergie gleichzeitig nutzen

Wissenschaft, den 26.08.2003 

Russische Forscher wollen mithilfe eines neuartigen Kraftwerks die immense Energie anzapfen, die in Wind und Wellen steckt. Wie die Nachrichtenagentur Informnauka berichtet, sieht die Anlage, welche die Ingenieure von der Firma Proektstroyservis entworfen haben, wie eine fliegende Untertasse aus.

Ein hohler, runder Metallkörper von 30 Metern Durchmessern sorgt dafür, dass das Meereskraftwerk schwimmt. Im Zentrum befindet sich ein stabförmiges Gegengewicht, das mit der Metallhülle über ein Gelenk verbunden ist. Eine starre Konstruktion, so heißt es bei Informnauka, würde von den Wellen in jedem Fall losgerüttelt.

Auf der Oberseite des "Ufos" wollen die russischen Konstrukteure Windräder anbringen, deren Achse allerdings senkrecht ist und nicht waagerecht, wie sonst. So drehen sich die Räder unabhängig von der Windrichtung. Die Wellenenergie soll durch Kolben gewonnen werden, die am Rand des Ufos von den Wellen nach oben gedrückt werden und sich danach wieder nach unten bewegen.

Die Leistung eines solchen Meereskraftwerks liege bei 270 Kilowatt, berichtet Informnauka. Davon werden 70 Kilowatt durch den Wind erzeugt und der Rest durch die Wellen. Der erzeugte Strom könne zur Küste weitergeleitet oder für andere Zwecke genutzt werden, etwa um Wasser zu entsalzen, Luft zu komprimieren oder Rohöl zu verarbeiten.

Ein weiterer Nutzen der innovativen Kraftwerke besteht darin, dass sie die Wellen besänftigen können. Mehrere Reihen der Kraftwerke vor der Küste könnten die Zerstörungskraft von Sturmfluten mindern. Dann wäre allerdings die Energieausbeute geringer. Von Ute Kehse.

 

Warum die Spree rückwärts fließt (2)

Informationsdienst Wissenschaft, den 25.08.2003 

Dr. Martin Pusch vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei erklärt ein seltenes Phänomen und seine Hintergründe

Flussaufwärts oder flussabwärts - normalerweise ist diese Frage eindeutig zu beantworten. Oben ist die Quelle, unten die Mündung. Und das Gewässer fließt eben stromabwärts. Doch im Fall der Spree gibt es Ausnahmen. Wie in diesem Jahr. "Wir haben beobachtet, dass die Spree in Köpenick rückwärts fließt", berichtet Dr. Martin Pusch vom Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei im Forschungsverbund Berlin e.V. Der Grund: Die Einleitung von gereinigtem Abwasser aus Klärwerken übersteigt die Zufuhr des normalen Spreewassers aus dem Oberlauf.

Der Wasserberg und die Algen "Es entsteht gewissermaßen ein Wasserberg in der Stadt", veranschaulicht Dr. Pusch, "und das Wasser fließt dann zu beiden Seiten ab". Das heißt, auch dort, wo die Spree in der Stadt "normal" fließt - flussabwärts von den Klärwerkseinleitungen -, ist die Situation anders als sonst. Ursache der Fließbewegung ist nicht mehr das Gefälle zur Mündung in die Havel hin, sondern die Einleitung des Abwassers. In den "Abwasserfahnen" entwickeln sich nun in der Stadtspree Massenbestände giftiger Blaualgen.

Ursachen des Wassermangels Hintergrund ist der extrem heiße und trockene Sommer. Die Spree ist auf einem historischen Tiefstand. Nur noch 2,5 Kubikmeter Spreewasser pro Sekunde fließen in die Stadt, wo eigentlich (nach einem zwischen Berlin und Brandenburg geschlossenen Vertrag) mindestens 8 Kubikmeter fließen müssten. Gleichzeitig wird weiterhin Trinkwasser indirekt aus dem von der Spree durchflossenen Großen Müggelsee gefördert, so dass für die Berliner Stadtspree kein Spreewasser mehr übrig bleibt. Der Wassermangel der Spree hat aber nicht nur saisonale Ursachen. Vielmehr fehlt dem Fluss schon seit einigen Jahren das Wasser, das in den ehemaligen Bergbauregionen der Lausitz abgeleitet wird. Dort laufen die riesigen Tagebaulöcher voll. Und so kommt es eben dazu, dass die Spree stellenweise rückwärts fließt. "Das war das letzte Mal im Jahr 2000 der Fall", sagt Dr. Pusch. "Allerdings ist die Situation in diesem Jahr wesentlich dramatischer, da der Wassermangel bereits im Frühjahr begann."

Die Menge macht's Zwar sei die Qualität der Abflüsse aus den Klärwerken recht hoch, sagt Pusch, doch selbst bei einer Reinigungsleistung von 98 Prozent bleiben eben 2 Prozent Verschmutzung übrig. Angesichts von rund 500 Millionen Liter Abwasser, die täglich in die Spree geleitet werden, ergebe sich daraus eine erhebliche Belastung. Da die Berliner Stadtspree nahezu still steht, wird das Abwasser darin auch kaum verdünnt. Zur Zeit besteht das Wasser der Stadtspree daher überwiegend aus gereinigtem Abwasser. "Vor allem, wenn diese Mischung in den Müggelsee zurückfließt, kann es dort zu Algenblüten kommen", warnt Dr. Pusch. Die extrem trockene Witterung verschärft das Problem zusätzlich.

Müggelsee als Grenze Der von der Spree durchflossene Müggelsee stellt eine Art natürliche Grenze dar. Weiter zurück kommt das Abwasser nicht. Doch gerade in diesen See soll es auch nicht gelangen. Dr. Pusch: "Sonst reichert sich das Abwasser irgendwann dort so an, dass auch die Trinkwasserversorgung leidet." Der Müggelsee ist nämlich das sauberste Trinkwasserreservoir Berlins. Gefiltert durch den Boden wird das See- und Flusswasser als so genanntes Uferfiltrat gefördert. Diese Art von Grundwasserversorgung hat sich bisher durch eine sehr hohe Wasserqualität ausgezeichnet. Doch die Gewässerökologen fürchten, dass durch die Trockenheit und die Einleitungen von Abwasser das natürliche Filtersystem an seine Grenzen gelangen könne. Von der Badewasserqualität ganz zu schweigen. Berlin, die an Wasserressourcen ärmste Großstadt Deutschlands Generell ist die Region Berlin-Brandenburg mit ca. 550 Litern Niederschlag pro Quadratmeter und Jahr die abflussärmste Deutschlands. Konkret bedeutet dies, dass für einen Einwohner des Spreegebiets nur ein Viertel der Wasserressourcen zur Verfügung steht, die für einen Einwohner anderer Flussgebiete zur Verfügung stehen (siehe Abbildung). Für Einwohner des wasserreichen Rheingebiets steht sogar achtmal soviel Wasser zur Verfügung. Dies steht zwar in einem scheinbaren Widerspruch zu der Vielzahl an Seen in und um Berlin. Allerdings, so erläutert Dr. Pusch vom IGB, sei deren Wassererneuerung sehr langsam. "Daher werden in Berlin für die Trinkwasserversorgung nicht Grundwasserleiter genutzt, sie würden sich zu langsam erneuern." Daher gewinnen die Berliner Wasserbetriebe (BWB) 75 Prozent des Trinkwassers Berlins (durch sogenannte Uferfiltration und aktive Grundwasseranreicherung) indirekt vor allem aus der Spree (vgl. Fachinfo der BWB unter http://www.wasserforschung-berlin.de/schrift/band6/6-hei.pdf , S. 3). Nur 25 Prozent der Trinkwasserressourcen beruhen auf natürlicher Grundwasserneubildung.

Wasserknappheit erfordert Kreislaufnutzung gereinigten Abwassers Aufgrund der aktuell geringen Wassermenge in der Spree und ihren Zuflüssen besteht laut Dr. Pusch aktuell eine Wasserknappheit in Berlin. "Zur Zeit nutzen die Wasserwerke fast die gesamte zufließende Menge an Spreewasser. Insofern ist man an der Grenze der Wasserressourcen angelangt." Wegen der generellen Wasserknappheit haben die Berliner Wasserbetriebe daher in den westlichen Stadtbezirken schon seit Jahren eine teilweise Kreislaufführung des Wassers eingerichtet, das heißt eine Wiederaufbereitung des Abwassers zu Trinkwasser (nachzulesen in einer Veröffentlichung Berliner Wasserforscher; vgl. http://www.wasserforschung-berlin.de/schrift/band3/3-heinzm.pdf ). Dr. Pusch warnt: "Dies ist wegen der Medikamenten-Rückstände im Abwasser nicht risikolos." In keiner anderen Großstadt Deutschlands sei man, wie in Berlin, gezwungen, Abwasser wieder zur Trinkwassergewinnung zu nutzen.

Umdenken in der Wasserwirtschaft gefordert Infolge des Klimawandels stehen der Region Berlin-Brandenburg in Zukunft Trockenjahre wie das aktuelle häufiger bevor. Das geht unter anderem aus der Klimastudie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung hervor (http://www.pik-potsdam.de/news/Brandenburgstudie_2003-c.pdf ). Was ist also zu tun? "Wenn sich die aktuelle Situation nicht häufiger wiederholen soll", sagt Dr. Pusch, "dann muss im Spreegebiet in wasserreichen Zeiten mehr Wasser gespeichert werden." Dies bedeute, dass auch Hochwässer nicht möglichst schnell abgeleitet werden, sondern Überflutungen der Flussauen geduldet werden müssen, damit die Grundwasserleiter aufgefüllt werden können. Auch die vielerorts in Wald und Flur anzutreffenden Entwässerungsgräben müssten geschlossen werden oder zumindest mit regelbaren Stauwehren versehen werden. Insbesondere müssten auch die in der Vergangenheit ausgebauten Flussabschnitte der Spree renaturiert werden, damit der Wasserspiegel erhöht wird. Solche Maßnahmen sind bereits vom Landesumweltamt Brandenburg initiiert
(vgl. http://www.brandenburg.de/land/mlur/w/lwh_kurz.pdf ). "Ihre Umsetzung stößt aber vielerorts immer noch auf Widerstände", sagt Dr. Pusch.

 

Warum das Meer rauscht

Wissenschaft, den 23.08.2003 

Laborexperimente und Untersuchungen an natürlichen Ozeanwellen ergaben, dass kleine, im Meerwasser gelöste Luftblasen für das typische Geräusch sich brechender Wellen verantwortlich sind, berichten Wissenschaftler des Scripps-Instituts für Ozeanographie bei San Diego im Fachblatt Nature (Band 418 Seite 839). Diese bisher genaueste Studie über die Dynamik der Luftblasen wirft auch ein neues Licht auf den Gasaustausch zwischen den Ozeanen und der Atomsphäre – einer der wichtigsten Parameter in globalen Klimamodellen.

In ihrer Arbeit haben Grant Deane und Dale Stokes grundlegende Erkenntnisse über die Größe der in Wellen vorhandenen Luftblasen gesammelt. Dazu haben sie Wasserwellen in ihrem Labor erzeugt und die Verteilung und Größe der darin gelösten Bläschen ausgemessen.

Diese kommen demnach in zwei Größenklassen vor: Blasen mit einem Durchmesser oberhalb eines Millimeters bilden sich beim Zusammenrollen der Wellen – dies bildet die von Surfern so geliebte Wellenröhre. Wenn die Spitze der Welle schließlich auf der horizontalen Wasseroberfläche zerschellt, so bilden sich vorwiegend Blasen mit einem Durchmesser unterhalb eines Millimeters aus.

Die Dichte der Blasen hängt je nach Größenklasse in unterschiedlicher Weise von deren Durchmesser ab. Die größeren Blasen bilden sich der Studie nach aufgrund von Turbulenzen, die Luft im Wasser einschließen. Die kleinen Blasen hingegen verdanken ihre Entstehung dem Aufprall und Zerplatzen der Wellen.

Eine der vielen Funktionen der Luftblasen besteht etwa darin, Kohlendioxid aus der Erdatmosphäre an die Ozeane abzuführen. Die Ozeane stellen damit eine Senke für Kohlendioxid dar und beeinflussen somit direkt die Entwicklung des Weltklimas. Der Gasaustausch bestimmt auch direkt den Nahrungshaushalt der Ozeane, vom Phytoplankton bis hin zum Wachstum großer Mengen an Algen.

Wenn die Luftblassen beim Kollaps der Wasserwellen zerplatzen, setzen sie zudem Wassertropfen frei und erhöhen damit die Luftfeuchtigkeit, was schließlich zur Bildung von Wolken führt. Auch diese Prozesse hängen entscheidend von der Größe der Luftblasen ab. Von Stefan Maier.

 

Wenn die Spree rückwärts fließt 

Berliner Zeitung, 23.8.2003

Müggelsee hat zu wenig Wasser / Schiffsverkehr in Spandau eingeschränkt

Am Mittwoch unternahm Martin Pusch einen Versuch: Der Biologe vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei stellte sich auf die Allende-Brücke in Köpenick und schüttete Farbpulver in die Spree. Es geschah etwas Seltsames: Das Pulver trieb flussaufwärts Richtung Großer Müggelsee und nicht wie üblich Richtung Mitte. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, denn Flüsse fließen nicht rückwärts.

Das Phänomen tritt nur in Köpenick auf und ist einfach zu erklären. Der Große Müggelsee, der von der Spree gespeist wird, hat zu wenig Wasser und zieht die Flüssigkeit aus der nach Nordwesten fließenden Spree zurück. So entsteht zwischen Müggelsee und Dahme-Mündung ein Sog. Und der spült Algenwasser und Abwasser aus einem Klärwerk in den Müggelsee.

Unbestritten ist: Die Pegel der Gewässer sind in Berlin deutlich gesunken; Havel, Spree und Dahme fließen langsamer als üblich. Wie die Deutsche Umwelthilfe mitteilte, transportiert die Spree derzeit nur 2,4 Kubikmeter Wasser pro Sekunde, normal wäre fast das Vierfache.

In Spandau sorgen die niedrigeren Pegel für erste Einschränkungen im Schiffsverkehr: Weil der Pegel rund 20 Zentimeter niedriger steht als sonst im August üblich, "dürfen die Schiffe nun nicht mehr so stark beladen werden", sagt Carola Hirrle, gewässerkundliche Sachbearbeiterin im Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin. Andernorts mache sich der niedrige Wasserstand aber nicht so stark bemerkbar, so Hirrle: "Die Gewässer in Berlin werden angestaut und die Wasserstände entsprechend geregelt."

Entgegen anders lautender Warnung hat die derzeitige Trockenheit keine Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung der Stadt. "Wir fördern das Trinkwasser nicht aus Flüssen oder Seen, sondern ausschließlich aus dem Grundwasser", sagt Eike Krüger, Sprecher der Berliner Wasserbetriebe. Von Knappheit könne keine Rede sein. 800 Brunnen förderten jeden Tag im Schnitt 585 000 Kubikmeter Grundwasser aus einer Tiefe zwischen 30 und 170 Metern; an heißen Tagen mehr als 900 000 Kubikmeter - "und die Wasserqualität ist top". Doch selbst bei geringerem Grundwasserstand sei die Versorgung nicht gefährdet, so Krüger: Der Wasserverbrauch in Berlin ist in der Vergangenheit deutlich gesunken, die Förderung des Grundwassers seit 1990 um 40 Prozent reduziert.

Auf die rückwärts fließende Spree angesprochen, sagt Krüger: "Wir haben nichts damit zu tun." Schuld sei der niedrige Wasserstand der Spree. Und der komme nicht nur durch die Trockenheit, sondern auch durch die Braunkohleindustrie: So werde derzeit in der Lausitz kein Grundwasser mehr in die Spree geleitet.

Dies wiederum wollte die Lausitzer- und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft nicht auf sich sitzen lassen. Bereits seit April werde wegen der Trockenheit wieder Wasser in die Spree geleitet, erklärte die Gesellschaft in einer eilends verbreiteten Mitteilung.

Der Biologe Pusch indes gibt den Wasserbetrieben die Schuld an dem Sog. Diese würden indirekt auch Wasser aus dem Müggelsee fördern - und so den Pegel künstlich senken. Wie Pusch allerdings einräumte, sei das Spree-Phänomen bereits 1994, 2000 und 2001 beobachtet worden.

Wer auch immer schuld daran ist: Die Spree in Köpenick wird vorerst weiter rückwärts fließen - mit Regen ist derzeit nicht zu rechnen. Von Claudia Fuchs.

 

Gezeiten lassen Eisstrom ruckartig wandern

Sehr kleine Änderungen im Tidenhub verursachen die ungewöhnliche Bewegung des Eises

Wissenschaft, den 22.08.2003 

Auch das Eis in der Antarktis strömt nach dem Rhythmus von Sonne und Mond. Das haben amerikanische und britische Wissenschaftler bei der Beobachtung des großen Whillans-Eisstroms in der Westantarktis entdeckt, der sich nach Perioden vollständigen Stillstands ruckartig vorwärtsbewegt. Über ihre Ergebnisse berichten die Geologen in der Fachzeitschrift Science (Bd. 301, S. 1087).

Einige Eisströme in der Westantarktis werden im Laufe der Zeit schneller, andere langsamer und wieder andere sind in den vergangenen einhundert Jahren vollständig zum Stillstand gekommen. Die Bewegungen des Whillans-Eisstroms dagegen gaben den Forschern Rätsel auf: Das normalerweise fast bewegungslose Eis bewegt sich plötzlich und ruckartig sehr schnell für etwa 10 bis 30 Minuten. Dann folgt ein etwa sechsstündiger Stillstand, dem wieder eine ruckartige Bewegung folgt. Anschließend bewegt sich das Eis für etwa 18 Stunden nicht mehr, fanden Robert Bindschadler vom Goddard Space Flight Center in Greenbelt und seine Kollegen von den Universitäten in Newcastle, Seattle und University Park heraus.

Da dieses eigenartige Verhalten so regelmäßig auftrat, vermuteten die Wissenschaftler einen Zusammenhang mit den Gezeiten des Ozeans, in den sich der Eisstrom schiebt. Tatsächlich zeigten weitere Messungen, dass die Bewegungen immer kurz nach dem Höhepunkt der Flut und genau zwischen Hoch- und Niedrigwasser einsetzten. Bei Nipptiden, wo der Unterschied zwischen Ebbe und Flut nicht so stark ausgeprägt war, verliefen die Eisbewegungen weniger heftig und regelmäßig.

Während der Bewegungsphasen legt der Eisstrom pro Minute eine Strecke von einem Meter zurück. Das sei ungewöhnlich viel, sagt Studienleiter Bindschadler. Bereits nach etwa dreißig Sekunden sei die volle Geschwindigkeit erreicht. "Wir waren erstaunt, dass lediglich eine Tidenveränderung von einem Meter ausreichte, den Eisstrom in so kurzer Zeit zum Stillstand zu bringen oder zu beschleunigen", berichtet der Geologe.

Die Wissenschaftler erklären die ruckartigen Bewegungen mit den Kräften, die von oben und unten auf das Eis einwirken. Während der obere Teil des Eises immer nach vorne schiebe, drücke die Flut von unten gegen das Eis, und es entstehe eine Scherspannung, erklärt Sridhar Anandakrishnan, einer der Autoren der Studie. Bei einer Änderung des Wasserdrucks von unten entspanne sich das Eis schließlich in einer sehr schnellen Vorwärtsbewegung. Von Ilka Lehnen-Beyel

Unterirdische Innovation für die Kanal-Sanierung

Frankfurter Allgemeine Zeitung, den 21.08.2003 

Eine U-Bahn würde gut und gerne durch den dunklen Schacht passen. Kilometerlang verläuft der große Abwassersammelkanal "Im Mainfeld" fünf Meter unterhalb von Wohnhäusern, Tankstellen und Straßenkreuzungen quer durch Niederrad. Ein 2200 Meter langes Teilstück wird derzeit mit Hilfe eines in Deutschland neuartigen Verfahrens saniert. Die Arbeiten sollen nach zwei Jahren im Frühjahr nächsten Jahres abgeschlossen sein. "Wir bauen nicht nur beeindruckende Hochhäuser, sondern auch Vorzeigbares in die Tiefe", sagte Baudezernent Franz Zimmermann (FDP) bei einer Ortsbesichtigung.

Der Einstieg in die Unterwelt führt über eine kleine Baugrube an der Straße Im Mainfeld. Unten öffnet sich ein gähnendes Loch, aus dem es statt nach modrigen Abwässern nach Flüssigklebstoff riecht. 4400 Bauelemente aus Polymerbeton werden als Verkleidung des Kanals passgenau aneinander angefügt und verklebt. Sie sollen zukünftig verhindern, was die Sanierung notwendig gemacht hat: Schwefelsäuren hatten die Betonwände und die Decke des 30 Jahre alten Abwasserkanals angegriffen. Unter ungünstigen Bedingungen, wie langsamer Fließgeschwindigkeit und schlechter Belüftung entstanden, führten sie zu Korrosionsschäden, sagt Volkmar Holzhausen, technischer Betriebsleiter der Stadtentwässerung. "Wenn wir hier nicht reagierten, würde uns das gesamte Profil irgendwann zusammenbrechen."

Mit fatalen Folgen: Die Entsorgung von Niederrad, Oberrad und Sachsenhausen läuft durch den großen Abwassersammler, etwa 150000 Haushalte sind mit dem System verbunden. Diese Abwässer mußten während der Bauzeit vorübergehend umgeleitet werden.

Um weiteren Korrosionsschäden durch Säureangriff vorzubeugen, wird der Kanal von innen mit Polymerbetonplatten verkleidet - ein in Deutschland bisher einmaliges Verfahren. Die Bauelemente aus einer Beton-Kunstharz-Verbindung gelten als säurefest. Das Konzept der Tiefbaufirma Tauber ist so erfolgversprechend, daß auch andere Großstädte wie Düsseldorf und Los Angeles für die Frankfurter Lösung Interesse gezeigt haben. Die Firma hat aus einem umgebauten Gabelstapler ein spezielles Gefährt, den sogenannten Manipulator, für das Versetzen der bis zu 1,3 Tonnen schweren Betonplatten entworfen.

Mit einer europaweiten Funktionalausschreibung war die Stadt vor zwei Jahren an die Öffentlichkeit getreten. Die Kosten für die Sanierung der 2,2 Kilometer langen Strecke belaufen sich auf etwa acht Millionen Euro. "Ein Neubau hätte das Doppelte gekostet", meint Betriebsleiter Holzhausen. Die gesamte Strecke aufzureißen sei zudem logistisch unmöglich gewesen. Die Stadt gibt jährlich vier Millionen Euro für die Inspektion und Reparatur der rund 1600 Kanalkilometer aus. Zusätzlich fallen 10 Millionen Euro für Investitionen in das Kanalnetz an.

Bis auf verbleibende 220 Meter sind die Arbeiten in dem drei Meter hohen und vier Meter breiten Schacht abgeschlossen. Das fertige unterirdische Bauwerk soll mindestens fünf Jahrzehnte lang Bestand haben. (rsch.)

 

Dann könnte noch mehr kommen

Mit den Erfahrungen der Flut entwickelte das Freitaler Krankenhaus ein eigenes Hochwasserschutzkonzept

Sächsische Zeitung, den 21.08.2003 

4,50 Meter hoch stand das Wasser im Untergeschoss vom Krankenhaus Freital und zerstörte dort alles. Ein eigenes Konzept soll das Haus vor der Weißeritz sichern.

Zwölf Uhr mittags erreichte Ralf Marth der Anruf. Zu diesem Zeitpunkt am 12. August 2002 war der Technische Leiter vom Krankenhaus Freital im Urlaub in der Sächsischen Schweiz.

Vier Stunden später traf er an seinem Arbeitsort ein. Da lief die Evakuierung bereits. Gemeinsam mit der Feuerwehr versuchte das Personal, die Klinik vor den Wassermassen zu schützen. „Bis 2 Uhr nachts hat unser Damm gehalten, dann war der Keller innerhalb von 45 Minuten komplett geflutet“, berichtet Marth. Labor, Physiotherapie, Sozialräume, technische Anlagen versanken in brauner Brühe, Schlamm und Geröll. Anderthalb Tage später begannen Hilfskräfte der Bundeswehr mit dem Auspumpen der rund 24 000 Kubikmeter Wasser. Zu Tage kam ein Bild des Schreckens. „Metalltüren waren gefaltet wie Papier, Wände zerdrückt“, beschreibt der Technikchef das Gesehene. Mit unvorstellbarer Wucht hat die Weißeritz alles zerstört, was sie vorfand: Heizung, Telefonanlage, Lüftung, Schaltzentrale.

Die Liste wäre zu lang. „Wir glaubten, wir hätten hier ewig zu tun.“ Doch schon am Wochenende kamen über 500 freiwillige Helfer, und binnen fünf Tagen war der Keller beräumt. Schaden: 5,7 Millionen Euro. Bis zu 50 Techniker aus anderen Häusern des Rhönklinikums halfen. Sieben Monteure von Shell arbeiteten sechs Wochen kostenlos im Haus. Ende Oktober konnte das Krankenhaus wieder voll arbeiten. Das Tempo war überlebenswichtig, dennoch gab es Mindereinnahmen von 2 Millionen Euro.

Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen

Und selbst jetzt ist noch zu tun. Vom Keller her sind Fußböden des Erdgeschosses durchfeuchtet. Im ambulanten Operationssaal wird vorsorglich Trockenbau und Belag erneuert, damit Schimmel keine Chance hat. Dialyse und die Notaufnahme folgen. Kosten 2,6 Millionen Euro.

Und noch was: „Auf Grund der technischen Struktur des Hauses mussten wir die technischen Anlagen wieder in den Keller einbauen“, sagt Marth. Um Hochwasserschäden zukünftig zu vermeiden, soll nun das Gebäude von außen gesichert werden. Eine massive Betonwand wird die empfindliche Seite zum Fluss hin schützen. Lichtschächte erhalten eine höhere Mauer oder Wälle, und vor Türen gibt es mobile Sperren, wie in Köln am Rhein.

Auch das Abwasser- und Dränagesystem muss in Außen- und Innenbereich getrennt werden, damit dort kein Wasser eindringen kann. „Das Ganze ist so konzipiert, dass wir sogar einen 20 Zentimeter höheren Pegel verkraften“, verspricht Marth. Er hofft auf zügige Bearbeitung des Bauantrags, will noch dieses Jahr beginnen und nächsten Sommer fertig sein. Marth sieht sich im Jahr danach kaum einen der zahllosen TV-Rückblicke zur Flut an.

Da hängt zu viel persönliches Leid dran, findet er. „Ich denke dennoch ohne Grauen an die Zeit zurück. Diese Hilfsbereitschaft, den selbstlosen Einsatz Hunderter zu erleben, das war toll.“ Von Tilo Harder.

 

Wasser-Nobelpreis für Münchner Forscher

Natur und Kosmos, den 20.08.2003 

Der Münchner Umweltforscher Peter Wilderer hat als erster deutscher Wissenschaftler den "Stockholmer-Wasser-Preis" der Water Foundation erhalten. Die mit 150.000 US-Dollar dotierte Auszeichnung gilt als Nobelpreis auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft. Schwedens König Carl XVI. Gustaf überreichte Wilderer, Ordinarius für Wassergüte- und Abfallwirtschaft an der Technischen Universität München, den Preis bei der Welt-Wasser-Woche in Stockholm.

Der 1939 geborene Experte für biologische Abwasserreinigung wird geehrt für sein Engagement gegen den Export von teuren und technisch aufwändigen Systemen zur Abwasserreinigung aus den Industrieländern in arme Staaten. Wilderer forscht seit 30 Jahren mit dem Interesse, Trinkwasser nachhaltig zu nutzen und zu erhalten. Im vergangenen Jahr rief Wilderer das Projekt "Safe Blue Danube" (Sichere blaue Donau) ins Leben, um gegen zerstörerische Überflutungen und Verschmutzungen der Donau zu kämpfen.

 

Öl bedroht Mangroven

Nach der Tankerhavarie sind Schildkröten und Seevögel die ersten Opfer

Natur und Kosmos ,den 18.08.2003 

Der Tanker Tasman Spirit ist am Donnerstag einen Kilometer vor der pakistanischen Küste auseinandergebrochen. Das bereits vor zwei Wochen auf Grund gelaufene einwandige Schiff hatte noch etwa 40.000 Tonnen Rohöl an Bord. Mindestens 12.000 Tonnen Öl sind bislang ausgelaufen und bedrohen einen 40 Kilometer langen Küstenabschnitt vor der pakistanischen Hafenstadt Karachi. Mehrere Strände sind bereits stark mit Ölschlamm verschmutzt.

Die Umweltschutzorganisation WWF fürchtet, dass der Ölteppich die nur vier Kilometer entfernten Brutgebiete von Meeresschildkröten und nahe gelegenen Mangrovensümpfe erreicht. "Öl im Mangrovenwald wäre ein Tiefschlag gegen die Natur", so Hans-Ulrich Rösner vom WWF. Wenn das Öl das komplexe Wurzelsystem der Bäume verklebt, werde den Pflanzen die Sauerstoffzufuhr abgeschnürt. Von früheren Unfällen ist bekannt, dass sich Mangrovensümpfe schwer säubern lassen. Noch nach Jahrzehnten lassen sich Schäden nachweisen.

Auch die Meeresschildkröten in der Region werden von der Umweltkatastrophe schwer getroffen. Insbesondere zwei Arten sind stark gefährdet, weil die Ölpest ausgerechnet zur Brutzeit auftritt. Beide Schildkrötenarten werden in der Roten Liste ohnehin bereits als gefährdet geführt. Selbst wenn das Öl die Brutplätze verschonen sollte, ist der Schaden enorm, weil das giftige Öl in die Nahrungskette gelangt. Diese schleichende Vergiftung trifft auch die sehr seltenen Seeschlangen, aber auch Meeressäuger wie der stark gefährdete "Flaschennasen Delphin" sind bedroht. Hammad Naqi Khan vom WWF Pakistan rechnet mit langfristigen Folgen, weil sich die Giftstoffe in der Nahrungskette anreichern und dann das Nervensystem vieler Tiere und ihre Fortpflanzung beeinträchtigen.

 

Abwasser wird zum Wertfaktor 

Deutscher Forscher erhält Wasser-Nobelpreis für Modelle zur Minderung des Verbrauchs

taz Nr. 7130 vom 14.8.2003, Seite 9, 74 Zeilen

STOCKHOLM taz Eigentlich wollte Peter Wilderer Architekt werden. Dann geriet er während seines Bauingenieurstudiums in eine Abwasser-Vorlesung. Und sein Berufswunsch kippte: "Wasser ist etwas Faszinierendes. Ich habe es nicht bereut." Heute verleiht ihm der schwedische König Carl Gustav in Stockholm den so genannten Wasser-Nobelpreis.

Wilderer ist der erste deutsche Wissenschaftler, der den mit dem 150.000 US-Dollar dotierten Preis der Stockholm Water Foundation erhält. Der Ordinarius für Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Technischen Universität München habe bereits Anfang der 70er-Jahre die Auswirkungen des Menschen auf den Wasserkreislauf erkannt, heißt es in der Begründung. Wilderer fordert seit langem, Trinkwasser nachhaltiger zu nutzen, als es derzeit geschieht.

1,3 Milliarden Menschen leben heute ohne gesicherte Wasserversorgung. Und bis zum Jahr 2025 werden 95 Prozent des Bevölkerungszuwachses in den Städten der Dritten Welt statt finden. Dort dürften nicht die gleichen falschen Wege eingeschlagen werden wie in der industrialisierten Welt, so Wilderer. Die Techniker müssten sich von riesigen Kläranlagen und kilometerlangen unterirdischen Kanälen verabschieden, in denen Regen- und Schmutzwasser vermischt werden. Das Abwasser müsse getrennt und dezentral behandelt werden. Damit würde es zu einem Wertfaktor, aus dem am Ort des Entstehens gleich wieder Wasser zum Trinken und Bewässern sowie Düngemittel gewonnen werden können. Wilderer hat dafür ein biologisches Filtrationsverfahren entwickelt, mit dem der Wasserverbrauch auf 20 Liter pro Kopf und Tag sinken kann. Zum Vergleich: In Deutschland liegt er zur Zeit bei 120 Litern. "Dabei gäbe es keine Wohlstands- oder Komfortverminderung", betont Wilderer.

Übrigens: Wassersparen ist nicht nur was für Drittweltländer. Der Preisträger hat auch schon reine Luxusprojekte entwickelt. Im neuen Airbus wird man sich dank des 64-jährigen auf dem Weg nach Nordamerika duschen können - mit dem gleichen Wasser, das schon der Vorgänger benutzt hat. Dieses wird in einem Waschmaschinensystem immer wieder bis zu Trinkwassergüte aufbereitet.

REINHARD WOLFF

 

67 Inder wegen Wasserverschmutzung an Durchfall gestorben

Im Norden Indiens sind in den vergangenen zehn Tagen 67 Menschen an Durchfall gestorben.

Tiroler Tageszeitung, den 14.08.2003 

Die Krankheit brach Anfang August in elf Bezirken des Unionsstaats Uttar Pradesh aus, wie die Behörden am Mittwoch mitteilten. Mehr als 250 Menschen mussten ins Krankenhäuser gebracht werden. Ursache des Ausbruchs ist offenbar die Verschmutzung von Trinkwasser durch die schweren Regenfälle der vergangenen Wochen. Medienberichten zufolge sind die offiziellen Todeszahlen noch zu niedrig.

Schon während der letzten Monsun-Saison starben in Uttar Pradesh 200 Menschen an Durchfall, Cholera und Malaria. Der Unionsstaat ist der bevölkerungsreichste Unionsstaat Indiens und bettelarm. Nur 30 Prozent der 165 Millionen Einwohner haben Zugang zu sauberem Trinkwasser. In vielen Gegenden gibt es kein Abwassersystem, so dass aufgestautes Regenwasser die Teiche und Brunnen in den Dörfern verschmutzt. Auch in Teilen der Hauptstadt Lucknow kam braunes Wasser aus der Leitung, nachdem Abwasser in ein Trinkwasserrohr eingedrungen war. Nach Angaben der Gesundheitsbehörden sollen jetzt alle Wasserquellen mit Chlor behandelt werden. (APA)

 

Badeverbot durch Algenpest

Sommer und Überdüngung gefährden das Ökosystem Ostsee

Natur und Kosmos, den 14.08.2003 

Baden in der Ostsee ist unangenehm, vielleicht auch gefährlich geworden. Und die Behörden von Großenbrode und Heiligenhafen haben Anfang August das abkühlende Bad im Meer verboten. Der Grund dafür sind sogenannte Cyanobakterien, Blaualgen. Sie haben sich dank des der vielen Sonnenscheinstunden und der Nährstoffeinträge in die Ostsee explosionsartig vermehrt. Diese Algenblüte kann giftig sein, warnt die Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere.

In Fäden zusammengesetzt, lassen die Blaualgen die Ostsee wie eine Nudelsuppe aussehen, ehe Strömung und Wind sie zu Teppichen zusammentreiben. "Die Ostsee ist zur Zeit in einer ökologischen Grenzsituation", wie der Meeresbiologe Olav Giere von der Universität Hamburg sagt, die in einer "Katastrophe enden kann." Nach dem Ende der Blaualgenblüte ist die Gefahr aber noch nicht vorbei. Die Reste werden am Boden abgebaut, dabei wird Sauerstoff verbraucht. Weite Bereiche der Ostsee können dadurch umkippen.

Der Sauerstoffmangel, so fürchten Ökologen, wird zu einem Massensterben bei Fischen und anderen Lebewesen führen, wie Krebsen, Seepocken und Miesmuscheln, die als Filtrierer unter normalen Umständen für Sauberkeit im Wasser sorgen.

 

Spinatteppich erschwert Baden

Tropische Temperaturen führen zu Blaualgenbildung und trübem Wasser / Erste Sperrungen

Sächsische Zeitung, den 14.08.2003 

Nach der Arbeit gönnen sich Tausende Sachsen eine wohltuende Abkühlung in einem Badesee. Doch durch die tropischen Temperaturen und den Regenmangel könnte es damit bald vorbei sein.

Für einige Gewässer haben die zuständigen Gesundheitsämter bereits ein Badeverbot ausgesprochen. In der Talsperre Pirk und im Niederen Waldteich bei Volkersdorf herrscht Badeverbot. Vom Sprung ins kühle Nass der Talsperren in Quitzdorf und Bautzen wird dringend abgeraten.

Im Freistaat sind für das Untersuchungsprogramm der EU 32 Badegewässer ausgewählt. Diese werden in der Regel 14-tägig auf Qualitätsmerkmale wie Algenvorkommen, Sichttiefe und Wasserfärbung untersucht. Die zuständigen Gesundheitsämter entnehmen die Proben an ausgewiesenen Badestellen. Die Landesuntersuchungsanstalt für Gesundheits- und Veterinärwesen Chemnitz führt in ihren Laboren Analysen durch. Mangelnder Zufluss von sauberem Wasser und große Hitze sorgen beispielsweise für verstärkte Entwicklung von Blaualgen. Diese bilden giftige Stoffe, die zu allergischen Reaktionen oder Magen-Darm-Problemen führen können. Hohe Algenbildung verringert auch die Sichttiefe – der Grenzwert liegt bei einem Meter.

Michael Partisch, der Fachgebietsleiter für Wasserhygiene, spricht von einer Tendenz: „Das Musterländle ist der Regierungsbezirk Leipzig, wo es fast nur Kiesgruben mit Trinkwasserqualität gibt.“ Das andere Extrem sei der Bezirk Chemnitz mit vorwiegend Talsperren, die durch Flüsse und damit auch Abwasser gespeist werden. Durch den hohen Nährstoffgehalt wachsen dort häufig Algen. „Dresden bildet mit Kiesgruben und Talsperren ein Mischgebiet.“

Das Gesundheitsamt Vogtlandkreis hat die Talsperre Pirk seit Mitte Juli gesperrt. „Wir haben an den Träger ein Badeverbot auf Grund der Gesundheitsgefährdung ausgesprochen“, sagt Amtsärztin Anita Tilch. Die Geschäftsführerin des Naherholungszentrums, Ilona Kühner, fügt hinzu: „Bis vor drei Wochen hatten wir sehr sauberes Wasser. Doch durch die Algenbildung hat sich die Sichttiefe stark verringert.“ Rettungsaktionen könnten nicht mehr durchgeführt werden. Aushänge weisen nun auf das Badeverbot hin.

Wolfgang Kirchner vom Gesundheitsamt in Niesky sieht die Situation an der Talsperre Quitzdorf, in der wegen der Blaualgenentwicklung vom Baden dringend abgeraten wird, nicht so dramatisch: „Das liegt in der Natur dieses recht flachen Wasserkörpers, der schnell erwärmt.“ Die einen gehen baden, andere halte die „Spinataufschwemmung sowieso ab“. Bei Wassertemperaturen von 25 Grad Celsius werde es bis September zu keiner Verbesserung kommen.  Von Lars Kühl.

 

Ein Jahr nach der Flut

Bilanz der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden

Geschichte Online, den 13.08.2003 

Nachricht vom 13.08.2003 In die Gemäldegalerie Alte Meister ist der frühere Glanz zurückgekehrt. Besucher aus aller Welt können ein Jahr nach der Flut wieder die berühmten Gemälde von Raffael bis Rembrandt in der Gemäldegalerie Alte Meister bestaunen. Bereits seit Pfingsten dieses Jahres sind alle Ausstellungsräume wieder zugänglich, nachdem schon am 9. November 2002 die Galerie, wenn auch provisorisch, ihre Pforten öffnete. Wo vor fast einem Jahr das Wasser der Weißeritz bis 1,70 Meter hoch stand, ist jetzt das Foyer der Galerie mit Information, Kasse und Buchstand wieder eingerichtet. Die aufwändigen Sanierungsarbeiten an den Gebäuden wurden durch den Freistaat Sachsen und den Bund finanziert und in kürzester Zeit umgesetzt, sodass die Galerie ein Jahr nach der Flut in gewohnter Schönheit die Besucher wieder willkommen heißen kann.

Am 13. August 2002 retteten Mitarbeiter der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, unterstützt von Kollegen aus den zuständigen Ministerien und freiwilligen Helfern, in nur sieben Stunden aus den tief unter der Erde gelegenen Depots insgesamt 2690 Gemälde und 255 wertvolle Rahmen. Weitere 700 Gemälde wurden im Albertinum aus dem Depot der Galerie Neue Meister evakuiert. Zu spät kam jede Hilfe für 321 Rahmen, die in den Fluten zurückgelassen wurden und durch das Wasser zum Teil schwerst beschädigt wurden. Nicht geborgen werden konnten fünf großformatige italienische Gemälde. Der Ausfall der Elektrizität machte die Nutzung des Lastenaufzuges unmöglich. Wegen ihrer Größe konnten diese großformatigen Bilder nicht herausgetragen werden und wurden durch die Mitarbeiter der Gemäldegalerie flach unter der Decke befestigt. Glücklicherweise gelang es, das Wasser immer so weit abzupumpen, sodass auch diese Bilder gerettet werden konnten und nur unter der hohen Luftfeuchtigkeit gelitten haben. Beschädigt wurden einige Bilder, die auf großen Trommeln aufgerollt waren, und ebenfalls nicht mehr geborgen werden konnten. Weil diese Trommeln teilweise das Wasser berührten, müssen die dort aufgerollten Gemälde jetzt aufwändig restauriert werden. Die Restaurierungsarbeiten dauern noch an, die Realisierung ist durch Spenden gesichert. Zahlreiche private Spender unterstützten die Galerie nach der Flut, meist mit kleinen Summen.

Da eine Rückkehr in das ehemalige Tiefdepot der Galerie Alte Meister nicht zu verantworten war, sind die meisten der geretteten Gemälde in ein Interimsdepot in einem ehemaligen Gebäude der Landesbibliothek gebracht worden, wo sie bis zur Fertigstellung eines neuen hochwassersicheren Depots bleiben werden. Die Finanzierung eines Depotneubaus ist durch den Freistaat Sachsen nach finanziellen Zusagen des Bundes gesichert. Hinzukommen 3,4 Millionen Euro, die bei einer von Helge Achenbach organisierten Versteigerung in Berlin erlöst wurden, in der 45 gestiftete Kunstwerke, darunter ein wichtiges Werk Gerhard Richters, zugunsten des Depotneubaus am 30. November 2002 unter den Hammer kamen.

Zur Zeit laufen intensive Planungen, an welchem Ort das Depot errichtet werden soll. Von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wird der Innenhof des Albertinum bevorzugt, da hier ohne größere Wege Kunstwerke hin- und hertransportiert werden können und keine weiteren Personalkosten entstehen. Da Ende des Jahres das Grüne Gewölbe aus dem Albertinum auszieht und am
25. September 2004 im Dresdner Schloss wiedereröffnet, braucht es einen neuen Impuls für das traditionsreiche Museumsgebäude. Ein moderner Neubau im Hof des Albertinum könnte architektonisch einen attraktiven Akzent setzen, wie es in Paris mit der gläsernen Pyramide gelungen ist. Die Umsetzung des neuen zentralen Depots ist für die Kunstsammlungen besonders wichtig, da für die Galerie Neue Meister und die Skulpturensammlung noch keine befriedigende Lösung gefunden worden ist. In der Antikenhalle des Albertinum sind noch immer die während der Flut evakuierten Abgüsse in dichter Aufstellung zu bewundern. Einige Ausstellungsräume der Galerie Neue Meister dienen weiterhin als Notdepot und sind noch nicht wieder der Öffentlichkeit zugänglich.

 

Vom Gebiss über Bretter bis zum Meerschwein

Was sich in den Pumpen der Kläranlagen festsetzt, ist bei weitem nicht nur Abwasser

Sächsische Zeitung, den 13.08.2003 

Eine Kläranlage klärt Abwässer. Doch nicht selten landen an den Pumpen der Anlagen Dinge, die beim besten Willen nichts mehr mit Abwasser zu tun haben. Was den Mitarbeitern da mitunter zwischen die Finger kommt, reicht von kurios bis kriminell.

Wer hat nicht schon mal das heiße Fett aus der Pfanne schnell über die Toilette entsorgt. Das gibt sogar die Chefin der Wasserbehandlung Sächsische Schweiz Neustadt, Katrin Drexler, zu. Doch sie lernt. Schließlich hat sie in Uwe Münzberger einen Technischen Leiter, der dann immer den Zeigefinger hebt und sagt: „Küchenkrepp nehmen.“ Denn das Bratenfett steht genau so auf dem Index wie all die Dinge, die die Klärwerksarbeiter herausfischen.

Die Auflistung liest sich wie das Angebot eines Kaufhauses mit angeschlossenem Baumarkt und Cafeteria im Obergeschoss: Taschenmesser, Uhren, Bälle jeglicher Größe, Lampen verschiedener Größe, Puppen, Schotter und Steine, diverse Bekleidungsstücke vom BH bis zu Arbeitshosen und die Speisekarte hoch und runter. Sogar die Reste eines Vileda-Wischmopps verirrten sich in den Kanal.

Wenn man über die dritten Zähne im Abwasser vielleicht noch lachen kann, bei dem Meerschweinfell vergeht es den Männern. „Man kann davon ausgehen, dass die Leute das ganze Tier auf die Art und Weise entsorgten“, sagt Uwe Münzberger. Abgesehen davon, dass die Männer all diese mehr oder weniger unappetitlichen Dinge mit der Hand rausholen müssen. „Eine Zumutung“, sagt Katrin Drexler.

Schuldige kaum zu finden,

Rechnung zahlen alle

Doch die Chance, den Verursacher solcher Schweinereien, zu finden, ist relativ gering. Im Normalfall wird Anzeige gegen Unbekannt gestellt. Nach zwei Jahren wird der Fall als nicht ermittelbar eingestellt, erklärt Katrin Drexler das Verfahren. Auf anonyme Anzeigen dürfe man nicht setzen. „Das sind oft auch Nachbarschaftsstreitigkeiten“. Außerdem steht dann Aussage gegen Aussage, weil es einfach nahezu unmöglich ist, jemandem die Schuld nachzuweisen.

Wenn der Unrat erstmal durch die Toilette ist und die Rohre im Grundstück hinter sich hat, vermischt es sich im großen Kanal. „Es schreibt ja niemand ein Namensschild an seinen auf diese Weise entsorgten Müll“, sagt Münzberger.

Nur selten kommt es vor, dass es eine verwertbare Spur gibt. So zum Beispiel bei dem Fleischer, der im vergangenen Jahr derart viel Blut ins System leitete, dass es ihn verriet. Auch zu viele Schafdärme aus einem Dorf führen zum Verursacher. Wer erwischt wird, den erwartet eine Strafe von fünf bis 1 000 Euro. Doch bisher blieb es beim erhobenen Zeigefinger. Lediglich im Wiederholungsfall wurde mit dem Ordnungsgeld gedroht.

Nicht alles passt durch das Rohr an der Toilette. Zum Beispiel der etwa zwei Meter lange Holzbalken. „Da muss der Schacht extra geöffnet werden“, weiß Münzberger. Auch bei ausgehärtetem Schaumstoff, wie er bei Türen und Fensterscheiben verwendet wird, kann davon ausgegangenen werden. „Die Leute geben sich richtig Mühe, ihr Zeug kostenlos loszuwerden“, sagt Münzberger ironisch. „Sie sagen allen Ernstes, die Gebühren sind doch hoch genug, da ist das sozusagen inklusive“, ergänzt Katrin Drexler. Die Rechnung dafür bekommen über kurz oder lang alle. Dann nämlich, wenn die Rechnungen für die Reparatur kaputter Pumpen Größenordnungen erreichen, die nicht mehr „inklusive“ sind. „Dann müssen wir beziehungsweise die Verbände, die wir ja vertreten, das sich über die Gebühren wieder holen“, erklärt Katrin Drexler. „Unterm Strich hat also keiner was davon“, meint Uwe Münzberger. Katrin Drexler kehrt inzwischen schon jedes Mal, wenn sie wieder mit der Pfanne vor der Toilette steht, schuldbewusst um – und nimmt Küchenkrepp. Uwe Münzberger freut sich.
Von Heike Sabel.

 

Der Streit ums Wasser 

Von Rainer Hank

Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 10.08.2003, Nr. 32 / Seite 32

10. August 2003 "Ein uralter Traum kann in Erfüllung gehen: klares, reines Wasser für alle Menschen." Michel Camdessus, der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds, neigt nicht zu Lyrik. Doch als er im März 2003 seinen aufsehenerregenden Report "Wasser für alle" vorlegte, hielt er die pathetische Wendung für angemessen.

Von diesem Traum ist die Realität heute weit entfernt: 1,2 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. 2,5 Milliarden Menschen mangelt es an sanitären Einrichtungen. Es sind vor allem Menschen in den Ländern Afrikas südlich der Sahara. Die Folgen der Wasserknappheit sind dramatisch: Mangelnde Trinkwasserqualität gilt als Todesursache für jährlich fünf Millionen Menschen. 10000 bis 20000 Kinder, sagen Schätzungen, kommen jeden Tag zu Tode, weil verdorbenes Wasser ihr Leben beendet.

"Wasser muß ausreichend, preisgünstig und völlig sicher sein"

Die Vereinten Nationen haben den Zugang zum Wasser als Menschenrecht ausgerufen: "Das Menschenrecht auf Wasser ist unveräußerliche Grundlage, ein würdiges Leben zu führen. Es ist zugleich Voraussetzung dafür, weitere Menschenrechte zu verwirklichen." Halbiert werden soll weltweit die Zahl jener, die keinen Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen haben. Das haben sich alle Staaten der UN in die Hand versprochen. "Ein ehrgeiziges Ziel. Aber wir können es schaffen", sagt Camdessus.

Doch wie? Da beginnt der Streit. Der Streit ums Wasser. Viele Umwelt- und Nichtregierungsorganisationen leiten aus der Definition der UN einen Rechtsanspruch ab, einlösbar für jedermann: "Wasser muß ausreichend, preisgünstig, in der Nähe erreichbar und völlig sicher sein", lautet das Ziel der Organisation "Water-Aid", eine international agierende Wohltätigkeitsorganisation in London. Maude Barlow, Gründerin der Blue-Planet-Bewegung zum Schutz des Wassers, schlägt radikalere Töne an. "Das Süßwasser der Erde ist ein Wert an sich und hat unbedingten Vorrang vor dessen ökonomischem Wert", setzt sie dagegen. Es dürfe nicht als Privatbesitz oder Ware gelten, die aus Gewinnstreben gekauft oder gehandelt werde. "Wasser muß in kollektiver Verantwortung bewahrt werden."

"Was nichts kostet, ist nichts wert" - und wird verschwendet

Der Widerspruch gegen solche Positionen konnte nicht ausbleiben. "Es gibt auf der Erde genügend Trinkwasser, das ausreicht, die Versorgung der Menschen zu sichern", sagt Camdessus und mit ihm die große Mehrheit aller Ökonomen. Das schlagende Argument: Wasser ist eine unendliche Ressource. Anders als fossile Brennstoffe geht der nasse Stoff nicht verloren. Der ewige Kreislauf von Verdunstung und Niederschlag folgt dem Gesetz der Wiederkehr des Gleichen. Obwohl von den 110000 Milliarden Kubikmeter Wasser, die jährlich auf die Erde regnen und schneien, nur 12500 als Trinkwasser taugen, wäre das für die Menschheit ausreichend, behauptet die Unesco.

Warum haben dann so wenig Menschen Zugang zu gutem Wasser? "Weil Wasser global verschwendet wird", sagen die Fachleute. Ressourcen und Tanks fehlen, Leitungen sind leck oder verschmutzt - falls es überhaupt ein Leitungssystem gibt. Solche Gründe sind offenbar ausschlaggebender für die Wassernot als der naheliegende Verweis auf die regional und saisonal unterschiedliche Verteilung des Wassers. Der Beweis: Äthiopien und Australien haben ein vergleichbares Klima. Doch nur in Äthiopien ist Wasser knapp. Die größten Wasserverschwender weltweit sind die Landwirte, nicht die Swimmingpoolbesitzer: Mehr als 70 Prozent des global verbrauchten Wassers rinnt über Äcker und sickert in die Böden der Felder; in einzelnen Ländern sind es 90 Prozent. Für Peter Gleick vom kalifornischen Pacific-Institut sind fehlende Effizienzen und unzureichende technische Mittel die Hauptgründe für die Verschwendung. Die Ökonomen liefern die Gründe mit, warum Wasser verschwendet wird, wo es doch ein solch knappes Gut ist. In den allermeisten Ländern hat Wasser keinen Preis. Die Bauern erhalten es kostenlos oder hoch subventioniert vom Staat. "Was nichts kostet, ist nichts wert" - und wird verschwendet.

"Wasser muß einen Preis bekommen"

Die Ökonomen ziehen deshalb einen ganz anderen Schluß aus der Wassermisere als die Umweltbewegung. "Wasser muß einen Preis bekommen." Der Einwand der Globalisierungskritiker, das träfe wieder die Armen, läßt sich entkräften. "Wasserpreise können progressiv gestaltet werden, oder die ganz Armen könnten öffentliche Beihilfen erhalten", sagt Eric Heymann, Wasserexperte der Deutschen Bank. Andere sprechen sich für ein System von Wassernutzungsrechten aus, die gehandelt werden können. Das gibt einen Anreiz, sparsam mit Wasser umzugehen. Wird Wasser zu Marktpreisen verkauft, könnten Landwirte gespartes Wasser an die Städte verkaufen.

Der Staat könnte den Landwirten auch Wassernutzungsrechte abkaufen und sie dazu anleiten, weniger wasserintensive Erzeugnisse zu produzieren. Erst wenn für Wasser ein Preis gezahlt wird, sind auch Investoren am Aufbau eines effektiven Wassernetzes interessiert. Doch es wird teuer. 1,4 Milliarden Dollar sind bis 2010 jährlich nötig, damit doppelt so viele Afrikaner Zugang zu ordentlichem Wasser bekommen, schätzt die Afrikanische Entwicklungsbank.

 

MASSENVERGIFTUNG - Arsen bedroht Hunderte Millionen Menschen

Spiegel online 10.8.2003

Vergiftungen durch arsenhaltiges Trinkwasser sind nicht auf Bangladesh beschränkt: Wie Studien zeigen, betrifft das Problem Menschen in 17 Staaten - darunter eine halbe Milliarde Einwohner im Gangestal. 

Giftproblem in 17 Staaten Arsen im Brunnenwasser gefährdet neuen Untersuchungen zufolge das Leben von weitaus mehr Menschen als angenommen. Betroffen ist demnach nicht nur das gesamte Gangestal bis hinauf zum Himalaja mit über einer halben Milliarde Einwohnern. Nach einer Studie, die der Experte Jack Ng von der University of Queensland im Oktober im Fachblatt "Chemoscope" veröffentlichen wird, haben insgesamt 17 Staaten ein solches Giftproblem - darunter China, Vietnam, Argentinien und die USA.

Bislang galten vor allem die Bewohner von Bangladesh durch das arsenhaltige Brunnenwasser als hoch gefährdet - allein dort sind 50 Millionen Menschen betroffen. Doch wie das Wissenschaftsmagazin "New Scientist" unter Berufung auf verschiedene Untersuchungen berichtet, ist auch das Trinkwasser in anderen Teilen des Gangestals stark belastet. So hätten zum Beispiel Mediziner bereits Anfang 2002 für eine Region Nepals Alarm geschlagen, wo schon viele Menschen Vergiftungssymptome zeigten.

Neuer Fokus ist der indische Bundesstaat Bihar flussaufwärts vom Gangesdelta mit seinen 83 Millionen Einwohnern. Nach Häufungen von Leber- und Hautkrebs habe der Umweltwissenschaftler Dipankar Chakraborti aus Kalkutta dort 3000 einfache, mit Handpumpen betriebene Rohrbrunnen untersucht, so das Magazin. Der gerade erst abgeschlossenen Analyse zufolge lag die Arsenbelastung in 40 Prozent der Fälle über dem Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Mehr als die Hälfte der Erwachsenen zeigen nach Angaben des Forschers Anzeichen einer Arsenvergiftung.

Auch in Vietnam könnte eine Arsenkrise bevorstehen. Schweizer Experten um Michael Berg von der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz in Dübendorf wiesen in Brunnenwasser aus dem Delta des Roten Flusses Arsenkonzentrationen nach, die das WHO-Limit teilweise um das 300-fache überstiegen. Die ersten Vergiftungssymptome könnten Berg zufolge bald auftreten, da die frühesten belasteten Rohrbrunnen in der Region, in der elf Millionen Menschen leben, vor sieben Jahren gebohrt wurden.

Das Krebs erregende Arsen reichert sich über viele Jahre im Körper an, vor allem die Basalzellen der Haut, Nieren und Leber sind von Krebs betroffen. In den meisten gefährdeten Gebieten gewinnen die Menschen erst seit 20 bis 30 Jahren ihr Trinkwasser aus Rohrbrunnen. Dazu waren sie von Hilfsorganisationen aufgefordert worden, um nicht länger verschmutztes Flusswasser zu trinken. Flüsse waschen Arsen aus dem Gebirgsgestein und transportieren es in die Flusstäler, wo das Gift sich in den Böden ablagert.

 

Schlechte Zeiten für Flüsse 

Gesetzesvorschlag gegen eventuelle Hochwasser vorgelegt

Karlsruhe/Berlin (pte, 08. Aug 2003 15:18) - Was vor einem Jahr in Mitteleuropa passiert ist, wirkt heute nahezu unverstellbar: Hochwasserführende Flüsse nach tagelangen Niederschlägen. In diesem Sommer führen wegen der lang anhaltenden Trockenperiode und der großen Hitze die meisten Flüssen nur die Hälfte der sonst üblichen Wassermenge. Dramatisch ist die Situation nach Expertenangaben noch nicht, berichtet die Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (LFU) http://www.lfu.baden-wuerttemberg.de .

"Die Lage ist angespannt, aber noch nicht dramatisch" so Margareta Barth, Präsidentin der LFU. Entscheidend werde die Entwicklung in den nächsten Wochen sein. Die niedrigsten Wasserstände, die je gemessen wurden, sind noch nirgends aufgetreten, da die Flüsse normalerweise erst im Herbst am wenigsten Wasser führen. "Sollte die Trockenheit bei diesen hohen Temperaturen anhalten, könnten die Wassertemperaturen in den nächsten Wochen Rekordniveau erreichen", so Barth. Dank der zu Jahresbeginn gut gefüllten Grundwasserspeicher liegen die Grundwasserstände derzeit noch im mittleren Bereich.

"Die gegenwärtige Hitzeperiode wirkt sich auch auf den biologischen Gütezustand der Fließgewässer aus, auch wenn die für die Gewässergüte kritischen Pegelstände noch nicht erreicht sind", so die Expertin, die bemerkt, dass bei Niedrigwasser die starke Veralgung oder Verkrautung der Gewässer offensichtlich werde. Kritische Schadstoffkonzentrationen werden jedoch auch bei einem starken Rückgang der Wasserführung selten erreicht. Gefährdet sind aber Bereiche um die Abwassereinleitungen, insbesondere wenn Kläranlagen nicht richtig funktionieren. Als Folge könne Fischsterben auftreten. Darüber hinaus führt Niedrigwasser im Sommer in den sehr langsam fließenden und gestauten Gewässerabschnitten zu einer drastischen Verschlechterung der Sauerstoffverhältnisse.

"Auch in schiffbaren Flussbereichen können trotz der weitgehenden Sanierung der Abwassereinleitungen Sauerstoffwerte auftreten, die für die Fische kritisch sind", erklärt Barth. Auf der einen Seite löse sich mit zunehmender Temperatur immer weniger Sauerstoff im Wasser, auf der anderen Seite produzieren die meist massenhaft auftretenden Algen bei Sonneneinstrahlung Sauerstoff und erhöhen dadurch wieder den Sauerstoffgehalt. "Kritisch wird es bei einer Wetterverschlechterung, insbesondere bei starkem Regen, denn dann produzieren die Algen keinen Sauerstoff mehr, sie sterben ab und werden unter Sauerstoffverbrauch von Bakterien zersetzt. Der Sauerstoffgehalt musste zeitweise durch Belüftungsmaßnahmen erhöht werden, um ein Absinken auf fischkritische Werte zu vermeiden", führt Bath aus.

Fast genau ein Jahr nach der verheerenden Flutkatastrophe an der Elbe hat Bundesumweltminister Jürgen Trittin http://www.bmu.de den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes vorgelegt. Der Gesetzesentwurf ist gestern, Donnerstag, den Ländern und Verbänden zur Stellungnahme zugeschickt worden. Grundlage des Gesetzentwurfs ist das am 15. September 2002 verabschiedete 5-Punkte-Programm zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes. Dazu zählt die Schaffung sogenannter Überschwemmungsgebiete, in denen keine neuen Bau- und Gewerbegebiete ausgewiesen werden dürfen. (Ende)

 

Wie Wanzen auf dem Wasser laufend vorwärts kommen

Nicht Wellen, sondern Wirbel liefern Wasserläufern den erforderlichen Rückstoß 

Wissenschaft, den 07.08.2003

Die zur Ordnung der Wanzen (Heteroptera) zählenden Wasserläufer huschen übers Wasser, indem sie mit ihren Beinen Hufeisenwirbel im Wasser erzeugen. Das haben John Bush und seine Kollegen vom MIT in Cambridge mithilfe einer Hochgeschwindigkeitskamera herausgefunden. Das entdeckte Prinzip haben sie gleich mit der Konstruktion einer übers Wasser laufenden Robo-Wanze in die Praxis umgesetzt. Sie stellen ihre Arbeit im Fachmagazin Nature vor (Bd. 424, S. 663).

Für Wasserläufer, die etwa ein Zentimeter groß und ein Hundertstel Gramm schwer sind, ist es kein großes Problem, auf dem Wasser zu stehen. Dafür sorgt die Oberflächenspannung des Wassers, die durch die starken Bindungskräfte zwischen den Wassermolekülen erzeugt wird. Für die Tiere ist es ebenfalls kein Problem, sich auf dem Wasser fortzubewegen. Für Wissenschaftler war es bisher aber ein großes Problem, zu erklären, wie sie das tun.

Fortbewegung ist nur nach dem Rückstoßprinzip möglich. Das besagt das dritte Newton'sche Axiom. Ein Fußgänger drückt sich mit seinen Schritten an der Erde ab. Ein Flugzeug bewegt mit den Propellern Luft entgegen seiner Flugrichtung. Ein Fisch drückt mit seiner Schwanzflosse Wasser nach hinten.

Einige Wissenschaftler gingen bisher davon aus, dass die Wasserläufer sich dadurch einen Vorwärtsimpuls verschaffen, dass sie Kapillarwellen mit einem gleich großen Rückwärtsimpuls erzeugen. Für Kapillarwellen ist nicht wie bei den größeren Ozeanwellen die Schwerkraft verantwortlich, sondern die Oberflächenspannung des Wassers. Wasserläufer können solche Wellen erzeugen, wenn sie ihre Beine schneller als 25 Zentimeter pro Sekunde bewegen.

Diese Theorie hatte allerdings einen Schönheitsfehler. Während die schnelle Beinbewegung für erwachsene Wasserläufer kein Problem ist, können junge Tiere ihre Beine nicht so schnell bewegen. Aber auf dem Wasser laufen können sie trotzdem.

Mit Aufnahmen einer Hochgeschwindigkeitskamera konnten Bush und seine Kollegen zeigen, dass die Wasserläufer mit ihren Beinen hufeisenförmige Wirbel im Wasser erzeugen. Aus der Größe dieser Wirbel konnten sie abschätzen, dass sie genügend Rückwärtsimpuls besitzen, um die Vorwärtsbewegung der Tiere zu bewirken. Der Impulsbeitrag der Kapillarwellen ist dagegen zu klein, um die Fortbewegung der Wasserläufer allein zu verursachen.

Mit diesem Wissen konstruierten die Wissenschaftler eine neun Zentimeter große und ein Drittel Gramm schwere Robo-Wanze, die sie erfolgreich übers Wasser laufen ließen. Von Axel Tillemans.

 

Strandbeleuchtung gefährdet Meeresschildkröten

Weibchen trauen sich zur Eiablage nicht mehr ans Ufer

Wissenschaft, den 07.08.2003

Den Meeresschildkröten vor der Küste Floridas macht die nächtliche Beleuchtung der Strände zu schaffen: Die Weibchen trauen sich oft nicht mehr zur Eiablage ans Ufer, frisch geschlüpfte Schildkröten finden an den grell erleuchteten Stränden nicht den Weg ins Meer und gehen jämmerlich zugrunde. Darauf weist der Biologe Mike Salmon im Fachmagazin "Biologist" hin (Ausg. 50/4, S. 163).

Die zunehmende Beleuchtung sei weltweit ein Problem für alle am Strand lebenden Tiere, schreibt der Forscher von der Atlantik-Universität Florida. Er plädiert dafür, abgeschirmte Lampen einzusetzen, deren Licht auf den Boden fokussiert ist und überhaupt die Lichtintensität herunterzufahren. Das täte nicht nur den Meerestieren gut, sondern und sei obendrein auch energiesparend.     Von  Andreas Wawrzinek

 

Ein Jahr nach der großen Flut

Pressemitteilung Forschungsverbund Berlin e.V., 06.08.2003

Die Auenböden der Elbe, eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier ?

Nach dem Extremhochwasser an der Elbe im Jahr 2002 war eine der Folgen überall in den Auen zu sehen: Auf der Vegetation hatte sich eine wenige Millimeter bis mehrere Zentimeter mächtige Schlammschicht abgelagert. Da es im Zuge des Hochwassers zu Havariefällen an Industrieanlagen, Kläranlagen aber auch Privathaushalten gekommen war, lag die Vermutung nahe, dass der abgelagerte Schlamm mit Schadstoffen belastet sein konnte. Nur: Wie stark war die Belastung und wie gefährlich? Nicht so schlimm wie befürchtet, lautet die eine Antwort. Zugleich aber machte die Flut deutlich, dass die Ablagerungen in den Elbauen grundsätzlich ein Risiko darstellen. Und zwar schon seit langem.

Wer nach der Belastung der Elbauen fragt, muss als erstes bedenken, dass die Auenböden das Produkt vieler tausend Hochwässer seit der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren sind. Bei jedem Ereignis ist es zu einer Ablagerung von Schwebstoffen in die Aue gekommen. Die Boeden sind somit eine Art Geschichtsbuch, worin das Extremhochwasser vom August 2002 lediglich eine neue Seite ist; ein Kapitel nur, wenn auch aus menschlicher Sicht ein bedeutsames.

Seit Beginn der Industrialisierung verursacht der Mensch eine wesentlich verstärkte Anreicherung von potenziellen Schadstoffen in der Elbe und ihren Nebenflüssen. Zu den elbetypischen Stoffen gehören organische Verbindungen wie zum Beispiel Dioxine und chlorierte Kohlenwasserstoffe ebenso wie anorganische Stoffe. Diesbezüglich sind die Schwermetalle Quecksilber und Cadmium sowie das Halbmetall Arsen in der Elbe von besonderer Bedeutung. Die Gesamtheit aller potenziellen Schadstoffe stellt eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier dar.

Da sich die meisten Schwermetalle in der Natur nicht abbauen oder verflüchtigen, bedeutet dies, dass sie sich im Laufe der Zeit anhäufen. Die Auenböden stellen aus wissenschaftlicher Sicht somit eine "Stoffsenke" innerhalb des Ökosystems Elbe dar - allerdings räumlich betrachtet in unterschiedlichem Ausmaß. Das hängt zum einen von der Höhe der einzelnen Standorte in der Aue in bezug zum langjährigen mittleren Flusswasserstand ab, denn damit verbunden ist eine unterschiedliche Überflutungshäufigkeit, und zum anderen von den lokalen Strömungsverhältnissen. Aus beiden Gründen variiert die räumliche Verteilung der Schwermetallgehalte in der Aue erheblich. Abflusslose Senken sind in der Regel die Orte, an denen es zu den höchsten Anreicherungen kommt.

Zur Beurteilung der Schwermetallgehalte in den Auenböden ist die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung heranzuziehen. Es zeigt sich, dass zumindest im Bereich der Mittelelbe unterhalb der Einmündungen von Mulde und Saale in die Elbe bis zum Wehr bei Geesthacht das Element Quecksilber das Hauptproblem bildet. An zahlreichen Stellen liegen die Elementgehalte oberhalb des "Maßnahmenwertes" für den Schadstoffübergang Boden-Nutzpflanze auf Grünland. Aber auch bei Arsen kommt es mancherorts zu einer Überschreitung dieses Wertes. Dies bedeutet, dass an den betroffenen Stellen von einer schädlichen Bodenveränderung auszugehen ist und dass Maßnahmen dagegen ergriffen werden müssen. Beispielsweise ist dann das Mähgut auf Schadstoffe zu untersuchen.

Der bloße Schwermetallgehalt im Boden besagt jedoch nur wenig über den tatsächlichen Transfer in die Pflanze und damit verbunden gegebenenfalls die Aufnahme in die Nahrungskette. Hierfür sind vielmehr der Säuregrad des Boden (also der pH-Wert) und der Sauerstoffgehalt (die "Redoxspannung") maßgebliche Einflussgrößen. Unter den vorherrschenden Bedingungen (überwiegend schwach saure Boeden mit stark wechselnden Redboxbedingungen) innerhalb des betrachteten Flussabschnittes kommt es stellenweise bei Cadmium zu einer derart hohen Aufnahme in die Pflanzen, dass der Hoechstwert der Futtermittelverordnung überschritten wird. Darüber hinaus wurde während des Augusthochwassers festgestellt, dass es aufgrund der partikulären Anhaftungen an den Pflanzen zusätzlich zu einer Überschreitung des zulässigen Hoechstwerte der Futtermittelverordnung von Arsen und Quecksilber gekommen ist. Die Folge war und ist, dass das betroffene Mähgut nicht an Tiere verfüttert werden darf.

Dass die Elbauen mit Schwermetallen belastet sind, ist in der Fachpresse zwar seit zwei Jahrzehnten bekannt, wurde in der Öffentlichkeit jedoch kaum wahrgenommen. Erst das Extremhochwasser der Elbe vom August 2002 hat auf dieses Problem erneut aufmerksam gemacht. Es sind jedoch nicht die Auswirkungen dieses einen Hochwassers, die die Auen belasten. Es sind die vielen kleinen und mittleren Hochwässer, die seit der Industrialisierung kontinuierlich Schwermetalle in die Auen eingetragen haben.

Was ist zu tun?

Bei der Ablagerung von Schwebstoffen in der Aue handelt es sich um einen natürlichen Prozess. Allein die durch den Menschen verursachte Belastung der Schwebstoffe mit Schadstoffen ist das Problem. Im Laufe der letzten zirka 150 Jahre hat sich ein erhebliches Schadstoffdepot in der Aue gebildet. Infolge des Extrem-Hochwassers ist es in der Regel zu keiner weiteren Verschlechterung der Schadstoffsituation in der Aue gekommen. An manchen Stellen ist eher das Gegenteil der Fall. Aufgrund der allgemeinen Verbesserung der Wasser- und Schwebstoffqualität der Elbe seit den 1990er Jahren sind die Schwermetallgehalte der frischen schwebstoffbürtigen Sedimente häufig geringer belastet als die der zuvor abgelagerten.

Die Schwermetalle werden größtenteils vor Ort verbleiben. Da die Gefahr besteht, dass es zu einer Aufnahme in die Nahrungskette kommt, muss in den besonders betroffenen Arealen über eine Nutzungsänderung nachgedacht werden. Beispielsweise eignet sich der Anbau von Weiden (Schwermetallaufnahme) und Pappeln (Papierproduktion) anstelle des Mähweidebetriebes. Gleichzeitig ist das Ausmaß der direkten Aufnahme von Schadstoffen durch Weidetiere ebenso zu untersuchen wie der weitere Transfer in der Nahrungskette (Milchprodukte, Fleisch).

Grundsätzlich sollte bei der Beurteilung der Schadstoffeinträge in die Aue jedoch auch bedacht werden, dass, gäbe es diesen Pfad nicht, ein Grossteil dieser Schadstoffe im hoch sensiblen Ökosystem Wattenmeer landen würden. Dies kann nicht gewollt sein. Auf jeden Fall ist der zukünftige Schadstoffeintrag in die Elbe weiter deutlich zu reduzieren. Hierbei sind als Quellen nicht nur industrielle Punkteinleitungen, sondern auch flächenhafte Einträge von Bergbauhalden und Remobilisierungen von Sedimenten aus Stillwasserbereichen, zum Beispiel aus Buhnenfeldern, zu berücksichtigen.

Autor: Dr. Rene Schwartz Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

Das IGB im Internet: http://www.igb-berlin.de 

Der Forschungsverbund Berlin e.V. (FVB) ist Träger von acht natur-, lebens- und umweltwissenschaftlichen Forschungsinstituten in Berlin, die alle wissenschaftlich eigenständig sind, aber im Rahmen einer einheitlichen Rechtspersönlichkeit gemeinsame Interessen wahrnehmen.

Belasteter Auenboden: Die dunkle Schicht oben reicht rund 40 Zentimeter tief; sie ist innerhalb von 150 Jahren entstanden und mit anorganischen und organischen Schadstoffen stark belastet. 

Giftige Lösungsmittel bedrohen Brunnen

Der Landkreis muss ein ehemaliges Reinigungsgelände entgiften.

Hamburger Abendblatt, den 06.08.2003 

Grundwasser und Boden auf dem Gelände der ehemaligen chemischen Leder-Reinigung von August Wulf im Rehwechsel 14 in Ehestorf sind hochgradig kontaminiert. Bis 1985 ließ Wulf seine mit Lösungsmitteln angereicherten Abwässer in den Boden sickern.

Jetzt haben Bohrungen ergeben, dass Boden und Grundwasser bis zu einer Tiefe von etwa 70 Meter mit CKW-haltigen Lösungsmitteln (PER), verseucht sind. Mit dem Grundwasser droht das Gift in einen nur 2,5 Kilometer entfernten Trinkwasserbrunnen der Hamburger Wasserwerke zu gelangen.

Hydrogeologen fanden stellenweise 3500 Mikrogramm pro Liter PER im Grundwasser. Der zulässige Höchstwert laut Trinkwasserverordnung sind zehn Mikrogramm pro Liter. Der Landkreis Harburg will jetzt mit der Sanierung beginnen. In drei Jahren soll das Gelände wieder sauber sein.

"Es droht keine Gefährdung der Menschen. Dennoch ist eine Sanierung dringend erforderlich", so Joachim Bordt, Bereichsleiter Bauen und Umwelt. 1985 ging die Reinigung pleite, Der hoch verschuldete Wulf setzte sich nach Bolivien ab, seine Bank fand einen Käufer für das Grundstück. Schon 1990 hatte es erste Bohrungen gegeben, bei denen eine Kontaminierung des Boden festgestellt worden war. Der neue Eigentümer machte die Tore dicht und erteilte dem Landkreis Harburg Hausverbot.

Bis 1998 klagte der Landkreis vor den Verwaltungsgerichten, um wieder Zugang zu dem verseuchten Grundstück zu bekommen, um die 1990 abgebrochenen Untersuchungen fortführen zu können. Bislang sei, so Dr. Ernst Preuß vom Institut für Gewässerschutz und Umgebungsüberwachung, noch kein PER in den Trinkwasserbrunnen angekommen, dennoch dränge die Zeit. Über längere Zeit mit dem Trinkwasser eingenommen, kann PER beim Menschen Krebs erzeugen.

Mit einem aufwendigen Abpumpverfahren sollen die Lösungsmittel Wasser und Boden entzogen werden. Kostenpunkt: rund 1,34 Millionen Euro. Wegen der Brisanz des Falls beteiligen sich Bund und Land an den Kosten, die der Landkreis dann nur noch zur Hälfte tragen muss. Ein großes Problem haben die Hydrogeologen allerdings noch: Bis heute wurde der Klärschlamm, der ebenfalls mit Lösungsmitteln aus der Reinigung angereichert sein muss, nicht gefunden. Von Rachel Wahba.

Schutz für "marine Serengetis" 

Unterwasser-Hotspots brauchen Umweltkontrolle

London/Kiel (pte, pressetext.austria 05. Aug 2003 10:45) - Ein kanadisch-deutsches Forscherteam ist zum Schluss gekommen, dass mariner Umweltschutz nur dort Sinn macht, wo extrem viele verschiedene Arten leben. In Modellen hat sich gezeigt, dass diese Schutzgebiete, wenn sie nicht mehr befischt werden, eine Reihe von Tieren vor dem Aussterben bewahren kann, berichtet BBC-online http://news.bbc.co.uk . Das Wissenschaftsteam hat über das Forschungsergebnis im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) berichtet.Ähnlich wie auch auf dem Festland, gibt es auch im Meer Gebiete die mit dem Artenreichtum der Savannen Ostafrikas oder des Amazonas-Regenwalds vergleichbar sind. Viele der wertvollen Ökosysteme an Land wurden unter Naturschutz gestellt oder in Nationalparks umgewandelt. Genauso sollte es nach Ansicht des Forschers Boris Worm vom Institut für Meeresforschung der Universität von Kiel http://www.ifm.uni-kiel.de sein. Erstmals in der Geschichte der Meeresbiologie hat Worm die "Hotspots" der Biodiversität gesucht, verzeichnet und beschrieben. "Diese Gebiete sind wie Wasserlöcher in der Serengeti. Dort finden sich alle möglichen Säugetiere wie Löwen, Leoparden und Gazellen auf einer relativ kleinen Fläche", so der Forscher. Jahrelange Recherchen nach Aufzeichnungen von anderen Wissenschaftlern haben Worm zu diesen "Hotspots im offenen Meer" geführt. In diesen Gebieten tummeln sich zahlreiche Großfische wie Thun, Schwertfische und Haie. "Alle diese Fischarten sind vom Aussterben mehr oder weniger stark bedroht", so der Experte. Einige der Großfische sind in den vergangen Jahrzehnten um 90 Prozent zurückgegangen, berichtet der Biologe. Die meisten Hotspots der marinen Biodiversität finden sich dort, wo verschiedene Ozeane, meist tropische und gemäßigte Meere, aufeinandertreffen. Das Vorhandensein von Großfischen ist nämlich davon abhängig wie viel Plankton und kleinere Fische dort leben. "Ozeane sind bei weitem nicht eine uniforme Einheit, die eine einzelne Landschaft darstellen, sondern bilden eine vielfältige Struktur, die sich durch unterschiedliche Temperaturen, Salzgehalte und andere hydrografische Merkmale unterscheiden lässt", so Worm. Das Kieler Forscherteam hat anhand von Computermodellen gezeigt, dass das Ausmachen der ökologisch reichen Territorien der einzige effektive Schutz der Reichtümer des Meeres sein kann. "Wenn die falschen Gebiete unter Schutz gestellt werden, trägt das kaum zur Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts bei, da die Fischer dann in andere Gegenden zum Fischen fahren. Möglicherweise zerstören sie dann genau das, was eigentlich schützenswert wäre", führt Worm aus. Nur der Schutz der richtigen Gebiete führt zu effizientem Erhalt der Biodiversität der Meere.

Abwasser braucht Schleppkraft 

Märkische Allgemeine 5.8.2003

ANDREAS RÖHL

ZEHDENICK - Es stinkt aus den Gullys. Das mussten die Zehdenicker am Wochenende wieder mal feststellen. Besonders schlimm war es im Bereich Falkenthaler Chaussee/ Neue Straße, aber wenn der unangenehme Duft aus den Tiefen der Kanalisation mal irgendwo an die Oberfläche kriecht, bleiben auch die übrigen Stadtteile selten davon verschont. Das Problem tritt immer wieder auf und ist offenbar nicht dauerhaft zu beseitigen.

"Wir machen was dagegen, sonst wäre die Situation noch dramatischer", sagt Hans-Joachim Tost von den Stadtwerken. Die Hauptverursacher für die Gerüche seien die Stränge, die aus den Dörfern kommen. Weil hier die Mengen an Abwasser besonders gering sind und damit die Verweildauer im Rohr länger ist, als gut wäre. Zudem gibt es im Bereich Neue Straße das Problem, dass dort der Abwasserstrang aus Klein-Mutz und Bergsdorf entlangführt. Das Bergsdorfer Abwasser wird mit geruchsbindenden Chemikalien versetzt, wie auch das in anderen Bereichen, für die die Zehdenicker Stadtwerke zuständig sind. Das Klein-Mutzer Abwasser ist jedoch nicht ausreichend, weil dort der Abwasserzweckverband Gransee-Lindow zuständig ist. "Wir können nicht einfach sagen, kippt da mal jetzt mehr rein", so Tost.

"Wir sind dran an dem Problem und haben schon eine Menge geschafft." So wurde etwa mit viel bürokratischem Aufwand erreicht, dass in Zabelsdorf Wasser aus dem Wentowsee in die Kanalisation geleitet werden kann, damit Bewegung in die Rohre kommt. Denn im Sommer gibt es kaum Durchfluss. Zudem sparen die Wassernutzer aus Prinzip und das ist für den Fluss ebenfalls nicht gerade zuträglich.

Der durchschnittliche Wasserverbrauch in Deutschland liegt bei 128 Liter pro Tag und Einwohner, in Zehdenick dagegen nur bei 80 Litern. Das Paradoxe an der Situation ist, dass etwa die Zehdenicker trotzdem nur geringfügig weniger für ihr Abwasser bezahlen als der Durchschnitt, trotz der Sparsamkeit. Und das deshalb, weil die Stadtwerke so viel gegen die aufsteigenden Dämpfe aus der Kanalisation tun müssen. Allerdings braucht das Abwasser, um mit dem Fachmann zu sprechen, Schleppkraft, ansonsten funktioniert das System nicht. Am nahe liegendsten wäre also, dass die Verbraucher mehr Wasser verbrauchen.

 

Exoten im Schlickboden

Physiker, Chemiker, Biologen und Mathematiker untersuchen das Watt / Ökosystem weitgehend intakt Von Normann Berg

Sächsische Zeitung, den 04.08.2003 

Beäugt von Touristen und Fischern gingen vergangene Woche rund 40 Forscher dem Wattboden an der ostfriesischen Nordseeküste auf den Grund.

Während die Wissenschaftler in dem empfindlichen Ökosystem buddeln und messen, fahren die Passagierfähren und Fischerboote zwischen Neuharlingersiel und der Insel Spiekeroog an ihnen vorbei. Die Mitglieder der Forschergruppe BioGeoChemie des Watts lassen sich davon nicht ablenken. Endlich haben sie die Chance, ihre seit drei Jahren oftmals in der Theorie gesammelten Daten praktisch abzugleichen.

„Wir betreten hier zum Teil unerforschtes Gebiet“, sagt Jürgen Rullkötter vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres an der Universität Oldenburg, der das Projekt leitet. Trotz aller naturwissenschaftlichen Unbekannten wagt sich der Biologe in einer ersten Einschätzung weit vor: „Nach meinem Eindruck müssen keine großen Maßnahmen ergriffen werden, um dieses Ökosystem zu schützen“, sagt er. Voraussetzung sei jedoch, dass die Abwässer der menschlichen Zivilisation weiterhin ordnungsgemäß geklärt, der Fischfang reguliert wird und Vogelschutzgebiete in ausreichender Zahl ausgewiesen werden.

Rund ein halbes Prozent

lebende Biomasse

Vor drei Jahren machte sich die aus insgesamt 70 Physikern, Chemikern, Biologen und Mathematikern bestehende Forschergruppe an die Arbeit. Ziel ist es, die Lebensabläufe im Watt zu erkennen und zu verstehen. Mit drei Millionen Euro vom Land Niedersachsen und der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgestattet, ließ das Team zunächst ein 40 Meter langes Rohr in den Meeresboden vor Spiekeroog rammen und darauf eine Forschungsstation errichten. Unter Wasser werden die Sedimente analysiert. Auch Salz- und Sauerstoffgehalt sowie Wassergeschwindigkeit und Temperatur des Wattenmeers werden gemessen.

Im Mittelpunkt des Forschungsprojekts stehen die Kleinstlebewesen des Watts. Mittlerweile wissen die Forscher, dass rund 0,5 Prozent des Schlickbodens aus lebender Biomasse bestehen. Vieles ist aber immer noch unbekannt, beispielsweise die Nahrungsquelle. Der benötigte Kohlenstoff stammt entweder aus Torfablagerungen in den Prielen oder dem Porenwasser der Sedimente. „Manche Bakterien im tiefer gelegenen Watt sind für uns so exotisch wie ihre Verwandten in den heißen Quellen des Yellowstone-Nationalparks“, sagt Rullkötter.

Im Wesentlichen naturgesteuert

An der dreitägigen Tag-und-Nacht-Aktion in der vergangenen Woche zwischen Neuharlingersiel und Spiekeroog nahmen nun fünf Forschungseinrichtungen aus Oldenburg, Wilhelmshaven, Bremen und Geesthacht mit sechs Schiffen und einem Flugzeug teil. Die konzertierte Messkampagne ist bisher einmalig an der deutschen Küste. Die Geräte wurden geeicht und die bisherigen Daten abgeglichen, um sie dann online in das Oldenburger Universitätszentrum zu senden, wo die Mathematiker ein Ökosystemmodell ent wickeln.

Das Forschungsprojekt ist auf insgesamt sechs Jahre ausgelegt. Im November wird in Hannover entschieden, ob auch die zweite „Halbzeit“ mit weiteren 2,5 Millionen Euro finanziert wird. Rullkötter ist guter Dinge, dass das Vorhaben fortgesetzt werden kann. „Teile des Watts konnten wir entschlüsseln. Mehr ging noch nicht“, sagt der Wissenschaftler. „Zudem haben wir festgestellt, dass das System im Wesentlichen naturgesteuert ist und nicht vom Menschen beeinflusst wird“, betont Rullkötter.

Als Untermauerung dieser These führt er den Bau der Gasleitung Europipe an. Nur ein Jahr nach den Arbeiten habe sich das Wattenmeer bereits wieder regeneriert. (ddp)

 

Kommunen könnten 10 Mrd. Euro sparen

Neue Serie zur Finanznot der Gemeinden: Ein Interview mit dem Unternehmensberater Jobst Fiedler

Berliner Morgenpost, den 04.08.2003 

Jobst Fiedler war Oberstadtdirektor in Hannover und Bezirksbürgermeister in Hamburg-Harburg, ehe er Partner der Unternehmensberatung Roland Berger wurde. Diese rät den Kommunen zu radikaler Privatisierung.

Berliner Morgenpost: Die deutschen Kommunen sind hoch verschuldet. Hauptgrund, so scheint es, sind gesunkene Gewerbesteuereinnahmen. Was raten Sie?

Jobst Fiedler: Bei strukturellen, d.h. jährlich wiederkehrenden Defiziten, reicht das bloße proportionale Kürzen im jährlichen Haushaltsplan nicht mehr aus. Hier raten wir den Städten zu einem Umbaukonzept, das tiefer einschneidet und in der Wirkung auf drei bis fünf Jahre ausgerichtet ist. Denn erst nach dieser Zeit tritt bei den ergriffenen Maßnahmen im öffentlichen Bereich die volle finanzielle Entlastung ein. Entscheidend ist, dies so rigoros anzupacken wie in der Privatwirtschaft, d.h. einen richtigen Aktionsplan zu erstellen, der an vielen Punkten gleichzeitig ansetzt. Diese Punkte müssen heruntergebrochen werden zu Maßnahmen, aus Maßnahmen müssen Projekte werden, Projekte müssen konsequent durchgearbeitet werden, und natürlich muss es dafür ein geeignetes Controlling geben.

Der NRW-Landesvorsitzende des "Bundes der Steuerzahler", Georg Lampen, verweist auf die Beteiligungen vieler Kommunen an Stadtwerken, Verkehrs- und Abfallbetrieben sowie an Telefonunternehmen. Viele Städte seien reicher als sie zugeben.

Sicherlich gibt es hier noch erhebliche Möglichkeiten weiterer Vermögensaktivierung. Fast noch wichtiger ist ein zweiter Punkt: Deutsche Kommunen, insbesondere Großstädte, haben derzeit noch immer eine - in Europa übrigens einzigartige - Aufgabenfülle, indem sie einen Ring von öffentlichen Unternehmen unter ihrem Eigentum halten und damit verbunden auch das Management verantworten. Dies bindet aber auch Aufmerksamkeit und Energie, die dringend für eine grundlegende Verwaltungsmodernisierung benötigt wird. Hinzu kommt: Die Stromversorgung muss nicht durch ein kommunal geführtes Unternehmen erfolgen. Bei Gas, Wasser, Abwasser gilt das Gleiche. Hier bieten sich unterschiedliche Privatisierungsformen an, manchmal empfehlen sich auch Betreibermodelle. Das heißt, die Aufgabe bleibt noch öffentlich verantwortet, aber das Management kann man, mit sehr anspruchsvollen Vertragswerken allerdings, an Private geben - und damit auch die Verantwortung, dass ein Betrieb gut geführt wird und folglich die Gebühren niedrig gehalten werden können.

Nun führt darüber hinaus an Einsparungen in nahezu allen Haushaltsposten kein Weg vorbei. Andererseits haben sich aber offenbar alle kommunalen Bereiche an bestimmte Finanzstandards gewöhnt ...

Wir raten da zu einer neuen und radikalen Sichtweise. Was kommt eigentlich heraus, wenn man für jeden Bereich fragt: "Wie würden wir es denn machen, wenn wir diesen Bereich heute neu gründen würden? Wenn wir mit dem Geld auskommen müssten, das absehbar da ist?" Es ist nämlich, alles zusammengenommen, gar nicht wenig Geld in den deutschen Städten. Vor allem kriegt man dadurch den Kopf frei für ganz neue Lösungen, die es ja auch gibt: Allein die schnelle Einführung von elektronischem Service (e-Government) bietet eine Fülle von Möglichkeiten, den Service schneller und mit weniger Aufwand für Bürger und Betriebe zu erbringen und damit viel an Verwaltung der Verwaltung abzubauen.

Sehen wir uns diese Möglichkeiten an. Sie fordern für eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung eine "schnelle umfassende Verwaltungsmodernisierung". Woran hakt es?

Das Hauptproblem ist die fehlende Methode, den Aufgaben- und Regelungsbestand mal kritisch durchzugehen. Und zwar in beide Richtungen - das, was man in der Kommune vereinfachen kann und das, was man aber dann als gezielte Forderung auch an die nächsthöhere Ebene, an die Landesverwaltung tragen muss. Wir brauchen ein neues Aufgabenverständnis: Warum führt man Kindertagesstätten, Schulen etc. statt durch vielfältige Verwaltungsvorschriften nicht einfach durch Ziele und Budgets und gibt ihnen dadurch Handlungsspielräume und Verantwortung zurück? Man könnte sagen: "Das ist euer Budget, und jetzt macht das so gut wie ihr könnt, ihr werdet aber an der Zielerreichung gemessen." Dies wäre ein erheblicher Kulturwandel, sowohl für die Landesverwaltung wie auch für manche Betroffene.

Haben Sie eine Vorstellung, wie viel die Kommunen einsparen könnten?

Aus unserer Beratungspraxis wissen wir: Bei einem umfassenden und konsequenten Verwaltungsumbau sind weitere 10 bis 15 Prozent Einsparungen möglich. In den kommunalen Haushalten wäre deshalb in einem Fünf-Jahres-Zeitraum ein zusätzliches Potenzial von 10 Milliarden zu realisieren - in den staatlichen Verwaltungen übrigens noch ein deutlich höheres.
Von Gerhard Haase.

 

 
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